Alles reingehauen – Auswärtssieg in Bielefeld!

Wenn ich an die bisherigen Spiele in Bielefeld zurückdenke, habe ich immer besonders die Fahrten dorthin in Erinnerung. 
Vor mittlerweile elf Jahren starteten wir am Abend zuvor in Richtung Leipzig, um von dort aus mit dem guten alten Wochenendticket Richtung Ostwestfalen zu fahren. Unterwegs wurde die Bande immer größer und wurde beim Zwischenhalt in Braunschweig noch durch irgendeinen Typen ergänzt, der eigentlich seine Freundin in Magdeburg besuchen wollte, sich dann aber kurzfristig überreden ließ, lieber mit uns zum Spiel des großen F.C. Hansa zu fahren. Noch gar nicht richtig abgefahren, setzte der Lokführer des Zuges, der uns von Braunschweig aus weiterbringen sollte, wieder zur Bremsung an. Die “wichtige Durchsage an die mitreisenden Fans des F.C. Hansa Rostock”, in deren Folge dann What is love von Haddaway durch die Zuglautsprecher schallte, war wohl nicht so ganz in seinem Interesse. Von der Drohung, den Zug räumen zu lassen, sollte es zu weiteren “Spielereien an der Sprechanlage” kommen, ließen sich die Angesprochenen aber nicht wirklich beeindrucken. 
Ein paar Jahre später stand die Fahrt nach Bielefeld im Zeichen eines Abschieds, der am Abend vorher noch in einem Hallenser Studentenwohnheim gefeiert wurde. Aus irgendeinem Grund hatte einer aus der Gruppe plötzlich einen Wischmop in der Hand, der uns auf der anstehenden Fahrt begleiten sollte. In Anbetracht der üblichen Kleckereien, die so eine Fahrt mit sich bringt, durchaus eine gute Idee. Im Laufe der Fahrt wurde diesem dann ein Gesicht verpasst, was ihn ein bisschen gefährlich aussehen ließ. Ob es dann die cleverste Idee eines unserer Mitreisenden war, die Gruppe und ihren neuen Begleiter bei den anwesenden und eh schon nervösen Polizisten mit den Worten “Hier kommt gleich ein wütender Mop” anzukündigen, sei mal dahingestellt. 

Aufgrund der Tatsache, dass das letzte Wochenende schon wieder anstrengend genug war und ich am gestrigen Tag noch arbeiten musste, hätte ich eigentlich nichts dagegen gehabt, wenn das Spiel und die Fahrt mal ohne irgendwelche Zwischenfälle abgelaufen wären. Dass das scheinbar nicht so ganz geklappt hat, zeigt die Tatsache, dass ich gerade hier sitze und am Schreiben bin. Trotz der eben genannten Einstellung war ich gestern irgendwie in Stänkerlaune. Allein das sagt schon viel darüber aus, warum es eben nicht ganz so ruhig lief, wie ursprünglich geplant. 
Mit einer Gruppe, die scheinbar von den Sicherheitskräften vor Ort als “größere Gruppe” eingestuft wurde und deshalb begleitet werden sollte, machten wir uns auf den Weg vom Bahnhof in Richtung Stadion. Da wir mit der Weggestaltung etwas unzufrieden waren, entschlossen wir uns kurzerhand, nochmal umzudrehen und einen schöneren Weg zu wählen. Der etwas verzweifelte Blick des Beifahrers in einem unserer Begleitfahrzeuge sorgte dann für zusätzliche Erheiterung. Es folgte ein munteres Katz-und-Maus-Spiel, das sich über den gesamten Weg zum Stadion zog und seinen Höhepunkt kurz vor dem Gästebereich fand. Die verzweifelten Versuche, die Gruppe anzusprechen, führten weiterhin nicht zum Erfolg und unter der lautstarken Aussage “47/1 AUSSTEIGEN!” versuchte der eifrigste unter unseren Begleitern, jetzt mal kurz ein bisschen Eindruck zu schinden. Zuvor hatte schon ein beinahe weinerliches “HALLO! Ich versuche hier normal mit Euch zu reden, dann redet doch bitte auch mit mir!” nicht zum Erfolg geführt. Die Situation, die aus unserer Sicht vielleicht auch ein Stück weit als Lehrstunde in Sachen “Kommunikation ist keine Einbahnstraße” bezeichnet werden konnte, wurde dann aus Gründen kurz etwas unübersichtlich, hat sich aber recht schnell wieder aufgelöst. Etwas bedröppelt musste der Wortführer dann gegenüber seinen aufgrund des Theaters leicht verwunderten Kollegen zugeben, dass die ganze Aufregung wohl umsonst war. Ursprung des Übels war wohl, dass nicht ganz klar war, welchem Fanlager unsere Gruppe zuzuordnen war. Da gabs scheinbar auch in der Kommunikation untereinander diverse Probleme, denn den Kollegen im Bahnhof war durchaus bekannt, welchem Lager wir zuzurechnen waren. Abgesehen davon fielen die Kräfte vor Ort aber durch ihr entspanntes und in Teilen auch hilfsbereites Auftreten auf, das so auch nicht selbstverständlich ist. Das muss ja auch mal erwähnt werden.

Die Zeit bis zum Spiel wurde dann mit einer gepflegten Runde Dosen-Fußball totgeschlagen, bei der es eigentlich ein Wunder war, dass es zu keinen großartigen Verletzungen kam. 

Zum eigentlichen Spiel gibt es wie immer nicht viel zu sagen. Auch wenn man öffentlich vermeiden wollte, von einem Sechs-Punkte-Spiel zu sprechen, war klar, dass es genau das werden sollte. In der PK vor dem Spiel hieß es, dass man alles reinhauen wolle, um das Spiel erfolgreich zu gestalten. Das galt es nun, in die Tat umzusetzen. Und ohne groß was vorwegzunehmen: Das sollte an diesem Tag auch gelingen.
Die erste Halbzeit war komplett wild und hätte jederzeit in irgendeine Richtung kippen können. In der zweiten Halbzeit kam unsere Mannschaft dann mit noch mehr Überzeugung auf den Platz zurück. Sinnbild für den Erfolg war dann die Szene rund um den Führungstreffer. Den Einsatz erklärte der Trainer mit der ausgegebenen Prämisse “keinen Ball verloren geben” und traf damit den Nagel auf den Kopf. Selbiges tat auch ein Kommentar eines Bielefelder Fans in den sozialen Medien. Die Aussage “Pröger verletzt mehr Kampfgeist als unsere komplette Mannschaft über 90 Minuten” fasste eigentlich ganz gut zusammen, warum wir das Spiel gestern gewonnen haben, obwohl uns Bielefeld rein vom Kader und der individuellen Klasse wahrscheinlich einiges voraus hat.
Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten bei Toren in solch wichtigen Spielen, konnte ich mich in diesem Moment nicht wirklich freuen, was wahrscheinlich noch Nachwehen von den beiden aberkannten Toren in der Vorwoche waren. Umso besser und emotionaler war dann der Moment des Abpfiffs, ab dem uns kein VAR der Welt diesen wichtigen Sieg noch hätte nehmen können. 

Die Stimmung im wieder einmal gut gefüllten bis überfüllten Gästeblock konnte man als “ausbaufähig” bezeichnen. Mal abgesehen davon, dass das Bielefelder Stadion nicht gerade mit überragender Akustik aufwarten kann, fehlte in der Masse dann doch irgendwie die Überzeugung. Insbesondere in den Minuten nach dem Tor und dem Abpfiff wurde deutlich, was mit diesem Haufen möglich ist, wenn alle mitziehen. 

Aufgrund des Ergebnisses ging es mit reichlich guter Laune und diesmal ohne nennenswerte Ereignisse zurück in Richtung Bahnhof. Der nicht ganz pünktliche Zug konnte neben einem ungewöhnlich lang geöffneten Bordbistro vor allem mit seinem Zugbegleiter punkten, der nicht nur durch seine unterhaltsamen Ansagen positiv auffiel. Als Reisender, der häufig in nicht ganz so kleinen Gruppen unterwegs ist, wünscht man sich tatsächlich mehr von seiner Sorte. Da auch die restlichen Reisenden ausnahmsweise ungewohnt entspannt waren, war es eine rundum gelungene Rückfahrt für uns. 

Mit Blick auf die nächsten Spiele gegen den Tabellenführer und den hippen Hamburger Stadtteilverein kann man nur hoffen, dass dieser Erfolg gestern das nötige Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben verschafft hat. 
Bis es soweit ist, heißt es, Kräfte zu sammeln und Samstagabend dann wieder alles zu geben, um diesmal gegen einen vermeintlichen Favoriten nicht nur ein gutes Spiel zu machen, sondern vielleicht auch mal was Zählbares mitzunehmen. 

Wir sehen uns!

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