Von wegen Urlaub – Trainingslager 2023

September 12, 2023

Man ist als Hansafan ja so einiges an Enttäuschungen gewöhnt. An den Moment der Enttäuschung, wenn es heißt, dass das Winter-Trainingslager wieder in der Türkei stattfinden wird, wird man sich aber trotz aller Regelmäßigkeit, mit der das mittlerweile Jahr für Jahr passiert, nicht gewöhnen. 

Obwohl recht früh das Reiseziel und sogar ein Hotel feststanden, zögerte ich recht lange, was die Buchung anging. Das lag zum Einen an der Tatsache, dass die Erfahrungen vor Ort nicht die Besten waren und zum Anderen am Zeitraum, den unser Verein diesmal gewählt hatte. Trotz aller guten Vorsätze, die allesamt mit den Worten “Nie wieder…” anfingen, entschied ich mich letztendlich doch, ein paar Tage mitzunehmen.

An einem Samstag hieß es dann entgegen der üblichen Gewohnheiten nicht “Abfahrt!”, sondern “Abflug”. Der Flug gestaltete sich recht entspannt und auch die “Der Pilot möchte das nicht”-Belehrungen des letzten Jahres waren quasi nicht vorhanden, was dem Bierkonsum meiner beiden Mitreisenden sehr entgegenkam. Spätestens jetzt nutzte einer der beiden wirklich JEDE sich ihm bietende Möglichkeit, den von ihm selbst zum Trainingslager-Song auserkorenen Hit “1001 Arabian Nights” zum Besten zu geben. Der Song stammt aus dem Jahr 2005… da bin ich noch zu diesem Lied durch mein Kinderzimmer getanzt, weil das mal auf irgendeine Toggo-Hits CD drauf war, die es bei den Tschechen (natürlich original!) für nen schmalen Taler zu kaufen gab. Aber genug der Nostalgie. Die Euphorie dieses Mitfahrers bzw. -Fliegers sollte sich aber recht schnell in eine große Enttäuschung verwandeln. Mit den Worten “Da fliegst du extra ins Morgenland und dann ist da Abend” brachte er diese auch recht deutlich zum Ausdruck. 

Am Flughafen Antalya angekommen, zeigte sich mal wieder, dass hier nicht alles schlecht ist. Einreise, Gepäckabholung, Transport zum Hotel: Alles lief reibungslos und vor allem so schnell, dass wir eine realistische Chance hatten, das Abendessen im Hotel noch mitzunehmen. Der Plan war deswegen, nur kurz die Sachen wegzubringen und direkt in Richtung Buffet durchzustarten. Dabei hatten wir die Rechnung aber ohne die Zimmerwahl der Jungs gemacht, die ne Bude irgendwo draußen in Spandau gebucht hatten. Reichlich knapp, aber immer noch rechtzeitig erreichten wir dann unser Ziel und konnten uns nochmal ordentlich satt essen. 

Was bei all dem Stress zu kurz kam: Beim flüchtigen Blick durch das Zimmer, das, wie in der Türkei üblich, recht neu und sehr groß wirkte, erstmal ein kurzer Schock. Wo ist der verdammte Fernseher? Nicht, dass ich ihn groß nutzen wollte, aber als Einschlafbegleitung wäre er doch schon ne nette Sache. Dass dann trotz fehlendem Fernseher eine Fernbedienung vorhanden war, machte mich aufgrund der Dreistigkeit, die ich dem Hotel direkt unterstellte, fast ein bisschen wütend. Kurz nachdem ich wild auf der Fernbedienung rumgedrückt hatte, kam die erste Überraschung der Woche zur Geltung. Der Fernseher befand sich nämlich im Spiegel. Absolut faszinierend, auch wenn mir zu Ohren gekommen ist, dass die eingebaute Zoom-Funktion nicht in allen Zimmern funktioniert hat und auch der Schrank mit der DVD-Sammlung nur einigen wenigen von uns vorbehalten war #einzombiehingamglockenseil

Der erste Abend war dann auch direkt recht lang. Während wir dann entspannt beisammen saßen, offenbarte uns einer aus unserer Gruppe, dass er aktuell ein Buch schreibt. Auch wenn er inhaltlich noch nicht weit ist, hat er zumindest schon einmal einen Titel, der mit “Hunde, Katzen, Bullen, Schweine” zwar recht simpel, aber doch aussagekräftig ist. 

Während er so über seine schriftstellerischen Pläne erzählte, wurde er kurz von Jubelschreien aus der hoteleigenen Disko unterbrochen. Da fühlte man sich in dem Gedanken “Ohne Hansa wär hier gar nix los” direkt bestätigt, wobei man den Eindruck haben konnte, dass es den Verantwortlichen des Hotels womöglich auch lieber gewesen wäre, wenn etwas weniger los gewesen wäre. Aber wie so oft, gilt natürlich auch hier, dass das Leben eben kein Wunschkonzert ist. 

Abgesehen von der Havarie in der vierten Etage, von der einige Hansafans direkt und indirekt betroffen waren, verlief unser erster Abend dann doch recht ruhig. Zumindest sollte man das meinen. 

Am nächsten Morgen stand für uns das erste Training an. Das bedeutete, dass es kurz nach acht zum Frühstück ging, um rechtzeitig in Richtung Trainingsplatz aufbrechen zu können. Soviel zum Thema Urlaub. Insbesondere der Auftritt des zukünftigen Tierbuch-Autors ließ an dieser Stelle kurz den Verdacht aufkommen, dass der Abend doch nicht so ruhig lief, wie ich mir das vorgestellt hatte. 

Aufgrund der Zeit und der Entfernung wurde der Hinweg meist mit dem Taxi zurückgelegt, was für uns Neuankömmlinge direkt zum Erlebnis wurde. Da wurde mal eben völlig selbstverständlich mit 80 durch die 30er Zone geballert, was durch die schon länger anwesenden nur mit “Gestern ist der hier mit 110 lang gefahren” kommentiert wurde. Das Training selbst war dann recht unspektakulär und aufgrund des guten Wetters entschieden wir uns, zu Fuß in Richtung Hotel zurückzulaufen. Dabei konnten wir zum ersten Mal die türkischen Qualitäts-Wanderwege in Augenschein nehmen. Apropos gutes Wetter: Gefühlt zum ersten Mal in meiner Trainingslager-Geschichte war das wirklich so gut, dass wir uns einen Nachmittag am Strand gönnen konnten. Wir staunten allerdings nicht schlecht, als direkt eine Abordnung der örtlichen Polis ankam, um die sich sonnende Horde in Augenschein zu nehmen. Als wäre das nicht genug, wurden dann noch mit Hilfe einer Drohne scheinbar Bilder von allen Anwesenden gemacht. Das ging ja schon wieder gut los. 

Schon am für uns erst zweiten Tag merkte ich dann, dass ich auch keine 25 mehr bin und verdrückte mich aufgrund des doch recht ausgeprägten Schlafmangels zeitig in Richtung Zimmer, um fit für den nächsten Tag zu sein.

Der begann dann eigentlich so, wie der vorherige, nur dass wir am Treffpunkt für die Abfahrt zum Trainingsplatz lange nur zu zweit standen, bis dann auf den letzten Drücker doch noch der eine oder andere um die Ecke kam. Auch auf dem Trainingsplatz machte sich die Belastung der letzten Tage bemerkbar. Beim “Einlaufen” für das Spiel am Nachmittag hing die Gruppe um John Verhoek konsequent eine komplette Übung hinterher. Das wurde vom Athletik-Trainer dann auch irgendwann festgestellt, der den Umstand mit den Worten “Die Alten machen mal ein bisschen Tempo dort drüben” korrigieren wollte. Der Protest gegen diese Aussage ließ natürlich nicht lange auf sich warten. 

Für das am Nachmittag angesetzte Testspiel fuhr dann pünktlich und wie bestellt eine Taxi-Kolonne vor, mit der es dann auf ein nicht ganz ungewohntes Gelände ging. Bei dem Spiel, das übrigens 6:0 gewonnen wurde, wurde zudem auch erstmals klar, wie viele Hansafans sich wirklich nach Belek verirrt hatten. Mit denen, die außerhalb der kleinen Tribüne standen, konnte man sicherlich von gut 250 Fans sprechen. Teil der Wahrheit ist aber auch die Tatsache, dass es leider mit jedem Jahr in der Türkei immer weniger werden. Optisch wurde das Spiel von der Tribüne aus in der ersten Halbzeit mit ordentlich Rauch, in der zweiten Halbzeit mit ein bisschen Konfetti eingeläutet. Dass insbesondere Zweiteres noch zum Problem werden sollte, hatte zu dem Zeitpunkt wohl keiner so richtig auf dem Schirm. 

Am Abend nach dem Spiel kam dann kurz Unruhe auf, weil sich Kräfte der Polizei in unser Hotel verlaufen hatten und dort ein etwas längeres Gespräch mit einem Hotelverantwortlichen führten, der uns sowieso schon nicht so ganz positiv gegenüberstand. Das Ergebnis war dann zeitweises Alkoholverbot für jeden, der irgendwie nach Fußballfan aussah. Da kam es einigen ganz gelegen, dass ich zur Abwechslung mal kein Kinderband bekommen habe und weiterhin das eine oder andere Getränk ergattern konnte. Es folgten die üblichen Gespräche, die die “Verantwortlichen” vor Ort über sich ergehen lassen mussten. Dabei stellte sich dann heraus, dass das Hauptproblem wohl nicht die Pyrotechnik, sondern das Konfetti war. Das wurde nämlich durch den Wind so schön in der Luft und in der Gegend verteilt, dass der heilige Golfplatz, der direkt nebenan lag, noch ein paar Stunden danach davon befreit werden musste. Scheinbar ist das der Punkt, an dem in der Türkei der Spaß dann endgültig aufhört. Da die örtliche Polis weiterhin Präsenz im Hotel zeigte, gestaltete sich der Abend recht ruhig. Wahrscheinlich konnte der Hotelmanager und seine Kumpels dann auch noch Punkte sammeln, indem sie die schon vorher fleißig gedrehten Handyvideos von diversen Aktionen direkt weiterleiteten. Wenn man an der ganzen Situation jetzt um jeden Preis was Positives sehen möchte, dann ist es wahrscheinlich die Tatsache, dass es für die meisten schon der fünfte Tag vor Ort war. Ich glaube, so lang haben wir es lang nicht mehr ausgehalten, bis es wirklich knifflig wurde.

Am nächsten Tag zeigte sich dann, wie bockig die Sicherheitskräfte vor Ort wirklich waren. So wurde dann mal eben ein Zuschauerausschluss für das am Abend geplante Spiel gegen Fürth ausgesprochen. In einer Vollversammlung der im Hotel anwesenden Fans fand sich aber eine breite Mehrheit dafür, das Spiel trotzdem zu besuchen. 

Aufgrund der doch etwas brenzligen Gesamtsituation war klar, dass vor Ort ein geschlossenes Auftreten absolute Priorität haben sollte. Als die Taxi-Kolonne dann am Spielort eintraf, konnten die anwesenden Sicherheitskräfte recht schnell von der Zielstrebigkeit des (mit Ausnahme von meiner Wenigkeit) doch recht stabilen Haufens überzeugt werden. Irgendwann haben dann auch alle anderen Beteiligten eingesehen, dass es schlicht keinen Sinn machen sollte, uns hier irgendwie zu vertreiben und nach ein paar kurzen Worten vom Vorstandsboss zum Thema “Benehmen” konnte das Spiel dann entgegen der ursprünglichen Planung in unserer Anwesenheit stattfinden. Im Rahmen des Vortrags wurde dann eine ganze Weile aufgezählt, was alles nicht erlaubt war. Die Liste war so unfassbar lang, dass Robert mit einer Zusammenfassung des Erlaubten wohl deutlich schneller fertig gewesen wäre. Auf die berechtigte Frage “Aber singen ist erlaubt?” antwortete er mit leicht verständnislosem Blick und der Aussage “Na hör mal! Ich bitte darum!”. Am Ende haben wir das ganze Theater dann auf uns genommen, um sage und schreibe 45 Minuten zu sehen. Aufgrund des andauernden Regens, der insbesondere an diesem Abend nochmal ordentlich zugelegt hatte, war der Platz so im Arsch, dass eine Fortsetzung dort als eher wenig zielführend betrachtet wurde. Dementsprechend gestaltete sich auch das Spiel in der Zeit. Lediglich Markus Kolke konnte die Umstände nutzen und einen völlig übermotiviert agierenden Fürther mal kurz an die nicht vorhandene Würstchenbude zu schicken, was von den anwesenden Fans mit “Kolke in den Sturm”-Gesängen honoriert wurde. 

Die folgenden Tage waren geprägt von Dauerregen und ständigen Auftritten der Polizei im Hotel. Da aufgrund des Wetters einige Trainingseinheiten mal wieder buchstäblich ins Wasser fielen, verbrachten wir den Großteil der Zeit im Hotel bzw. an der Bar, wo es je nach Lust und Laune des Hotelchefs mal für die einen, mal für die anderen und manchmal auch einfach für niemanden alkoholische Getränke gab. Ich hatte damit eher weniger Probleme, denn Wasser und Zitronenlimo gabs immer. Für den einen oder anderen war es angesichts dezenter Verfärbungen im Gesicht vielleicht auch nicht ganz so schlecht, mal eine Pause vom sogenannten Lemon Drop einzulegen. 

Für mich und meine Kurzzeit-Trainingslager-Gang sollte es dann auch recht schnell wieder in Richtung Heimat gehen. Während zwei von drei Beteiligten recht frühzeitig um die Vollzähligkeit des Gepäcks und pünktliche Abfahrtbereitschaft bemüht waren, nahm einer das da eher nicht so genau. Dass er bis etwa zwei Stunden vor Abholung noch an der Bar gesessen und dort auch nochmal intensivst das All-Inclusive Angebot in Anspruch genommen hatte, drückte sich dann im weiteren Verlauf der Reise in einem doch recht witzigen Gehfehler aus. Dass er dann in seinem Wahn einen weiteren Reisenden, der ebenfalls etwas unsicher auf den Beinen war, als Simulanten betitelte (was hier aber dem Alter und nicht dem Getränkeangebot des Hotels geschuldet war). Aufgrund von weit auseinanderliegenden Plätzen und des doch etwas zu kurz gekommenen Schlafs gestaltete sich der Rückflug dann recht unspektakulär, was angesichts der Ereignisse in den letzten Tagen dann auch mal ganz schön war. 

Entgegen aller Erwartungen funktionierte auch die Kofferausgabe am BER ohne jegliche Probleme, sodass ich knapp 40 Minuten nach der Landung schon daheim auf meiner Couch Platz nehmen konnte. 

Und nachdem das hier alles schon wieder ganz schön viel geworden ist, möchte ich das Fazit auch kurz halten.

Nie wieder dieses Hotel!

Der Wahnsinn von Saarbrücken

August 8, 2023

Es war mal wieder eines dieser Spiele, an das sich die, die dabei waren, wohl noch lange und vor allem gern erinnern werden. Da es von einigen regelrecht gefordert wurde, möchte ich mich nach Ewigkeiten auch mal wieder etwas ausführlicher zum Spiel und dem ganzen Drumherum äußern. Dass das nicht jedem gefallen wird, ist mir auch klar, aber… was solls.

Vorgeschichte Nummer 1 – Ein Umzug

Nach fünf Jahren in Berlin hat es mich nun wieder in Richtung Heimat verschlagen. Das verkürzt zwar den Weg zur Familie enorm, macht aber die Fahrten zu unserem großen FC Hansa wieder etwas länger und komplizierter. In meiner neu bezogenen Wohnung herrscht zudem noch absolutes Chaos, sodass ich die Zeit am Wochenende eigentlich gut gebrauchen könnte. Für ein “Auslassen” des Spiels spricht auch, dass sich nicht wirklich abzeichnet, dass ich irgendwo mitfahren kann, sodass es absolut Sinn machen würde, sich das Spiel daheim anzuschauen. Das Problem ist nur, dass Sachen, die bezogen auf Hansa Sinn machen und was ich letztendlich tue, teilweise eine erstaunlich kleine Schnittmenge haben.

Vorgeschichte Nummer 2 – Ein Neuzugang aus Stuttgart

Als sich am Donnerstag bereits abzeichnet, dass ein gewisser Juan Jose Perea unseren Verein verstärken soll, suche ich direkt den Kontakt zu Kollegen aus Stuttgart, die dort regelmäßig zum VfB gehen. Die Nachricht “Ist ein richtiger Kämpfer, aber Toreschießen ist nicht so sein Ding” ist dann nicht unbedingt das, was ich hören will. Nur gut, dass wir eigentlich genau so einen bräuchten. Aber egal. Lasst den Jungen erstmal ankommen. Das tut er dann Freitag auch und aufgrund der Kürze der Zeit steht er doch etwas überraschend schon am Samstag im Kader. Der Rest der Geschichte ist bekannt…

Der Spieltag

Aufgrund eines kleinen Tricks gab es trotz der späten Buchung sogar noch recht günstige Zugtickets. Um kurz nach vier geht es in Richtung Geraer Hauptbahnhof, den ich in den letzten Jahren zugegebenermaßen etwas vernachlässigt habe. Erstaunlicherweise fährt der dort bereits 30 Minuten vor Abfahrt bereitgestellte Zug mit Verspätung ab, was mich dazu nötigt, morgens kurz nach 6 Uhr bereits einen taktischen Zwischensprint in Erfurt einzulegen, um meinen ICE in Richtung Mannheim zu erwischen. Da ich aber meine Hausaufgaben in der Saisonvorbereitung gemacht habe, ist das zum Glück kein Problem. 

Die restliche Fahrt verläuft bis Mannheim ziemlich entspannt. Ab da treffen gefühlt alle Zugfahrer, die es mit dem FC Hansa halten, aufeinander. Das sorgt dafür, dass die Sicherheitskräfte bei unserem Eintreffen in Saarbrücken einen völlig überforderten Eindruck machen. Eine völlig entspannte Gäste-Meute wird von vermummten Einheiten und mit den Worten “Sammelt euch bitte vorne, wir gehen dann gemeinsam runter, wo ihr zu den Schließfächern und nochmal auf Toilette könnt, bevor wir dann zum Stadion gehen” empfangen. Und es ist alles eine einzige Scheisse, die da erzählt wird. Wir können jetzt schon mal festhalten: Es wird das einzige Mal an diesem Tag sein, dass eine Kommunikation von Seiten der Polizei stattfindet und es ist einfach alles nur die reinste Verarsche. Auf die Frage, wo man denn auf Toilette gehen könnte, nachdem man um den Bahnhof herum geführt und sich plötzlich eingekesselt vor dem Bahnhof wiederfindet, bekommt man nur die Antwort “Im Stadion”. Alles klar, vielen Dank. Auf die Gelegenheit, meinen Rucksack ins Schließfach zu bringen, warte ich übrigens immer noch. Dennoch bewegt sich der Haufen relativ entspannt in Richtung Stadion, auch wenn der Plan, den doch recht starken Haufen ohne Verkehrsbehinderung nur auf den Gehwegen zu eskortieren, völlig überraschend nicht aufgeht. 

Am Stadion gibt es, gemessen an der Aufregung, die irgendwie dort herrscht, die entspanntesten “Kontrollen”, die ich in den letzten Jahren erlebt habe. Gefühlt könnte man alles mit rein nehmen, solang es nicht nach Aufkleber aussieht. Doch auch diese Suche scheint nicht von Erfolg gekrönt, sodass der Block schon kurz nach Öffnung gut geschmückt ist. 

Das Spiel selbst wäre schnell erzählt, wenn nach der 90. Minute Schluss gewesen wäre. Hansa erwischt keinen guten Tag. Hinten rutschen ungewöhnlich viele Bälle durch und vorne kommt meistens schon der vorvorletzte Pass nicht an. Die wenigen überzeugenden Chancen sind entweder Zufallsprodukte oder reichen nicht mal annähernd, um die Großchancen der Elversberger aufzuwiegen. Es scheint sich insgesamt einfach nicht abzuzeichnen, dass Hansa hier und heute was Zählbares zustande bringt. Als dann kurz vor Schluss beim Stand von 1:0 für die anderen noch ein (aus Sicht des Gästeblocks glasklarer) Elfer gegen uns gepfiffen wird, ist normalerweise wirklich Feierabend. “Normal” ist bei unserem Verein aber nicht der Standard und dazu haben wir ja einen Torwart, der auch ab und zu mal einen Elfer halten kann. Dass das trotz verwandeltem Nachschuss noch entscheidend sein soll, ahnt zu diesem Zeitpunkt keiner. Mit der Verkündung der Rücknahme des vermeintlichen 2:0 entwickelt sich eine überragende Lautstärke im Gästeblock und was so oft im bisherigen Spiel nicht geklappt hat, versucht jetzt jeder einzelne: Der Mannschaft die entscheidenden Prozente für den späten Ausgleich mit auf den Weg zu geben. Und es klappt. In einer für die unteren Reihen recht unübersichtlichen Situation im Strafraum der Gastgeber, fangen auf einmal einige das Jubeln an. Andere jubeln einfach mal auf Verdacht mit und rasten dann erst so richtig aus, als der Schiedsrichter in Richtung Mittelpunkt zeigt. Dass wirklich ein Tor für uns gefallen ist, erfahren manche, trotz dass sie im Block sind, erst durch den Liveticker auf dem Handy.

Der Jubel wandelt sich gerade in ein kleines “Pfeif ab!”, als Hansa nochmal einen Freistoß auf Höhe der Mittellinie bekommt. Im Anschluss daran regen sich einige, mir inklusive, noch über ein vermeintliches Foul auf, als der Ball noch einmal in Richtung des gegnerischen Tores segelt, von einem Gegenspieler vor die Füße unseres Neuzugangs prallt und der den irgendwie mit der Pike ins Tor spitzelt. Der bis dahin starke Torwart der Elversberger fällt wie eine Bahnschranke und kann nicht verhindern, was gleich für den absoluten Abriss im Gästeblock hinter dem Tor sorgen wird. Es sind Szenen, die an das 3:4 auf Schalke erinnern. Neben der puren Freude über den sehr späten Sieg sieht man aber auch ganz viele ungläubige Blicke im Block. Viele müssen sich erstmal kneifen, stehen kopfschüttelnd im Block oder wechseln fragende Blicke mit ihrem Nebenmann. Auch, wenn alle einfach feiern und durchdrehen, kann in dem Moment keiner so wirklich verarbeiten, was da gerade passiert ist. Die Mannschaft und besonders Markus Kolke, der dieses Wunder erst möglich gemacht hat, werden gebührend verabschiedet und mit dem Gedanken “wenn wir uns beeilen, bekommen wir noch den früheren Zug” setzen sich insbesondere die Zugfahrer recht zügig in Bewegung Richtung Ausgang. 

Das Nachspiel

Beim geplanten Weg Richtung Bahnhof hat man die Rechnung aber ohne die bereits oben erwähnten Sicherheitskräfte gemacht, die scheinbar genau das verhindern wollen. Wie bereits in der letzten Saison in Kaiserslautern (waren übrigens, welch Überraschung, dieselben Kräfte) lässt man, ohne irgendeine Kommunikation der Gründe oder Hintergründe des Vorgehens, die Leute warten, die noch 850 Kilometer Strecke vor sich haben. Der mit dem Mikrofon hat dann mehr damit zu tun, die Leute vom Tor wegzusprechen oder sich darüber zu echauffieren, dass ihn jemand auf sein nicht vorhandenes Hochdeutsch anspricht, als mal die wirklich wichtigen Ansagen zu machen. Es wäre eine einzige Ansage gewesen, die so viel Feuer aus der ganzen Geschichte genommen hätte: “Wir gehen gleich gemeinsam los und ihr werdet euren Zug nach Mannheim und damit den Zug nach Hamburg noch erreichen. Beide Züge warten auf euch!”. Ende. Es wäre so einfach gewesen. Ob man dem angesichts der Ansagen bei der Ankunft Glauben geschenkt hätte, steht auf einem anderen Blatt, aber das Thema hatten wir ja schon. Ich warte zu dem Zeitpunkt übrigens immer noch darauf, dass ich zum Schließfach darf. Stattdessen kommt wieder die Durchsage “Lasst bitte das Tor in Ruhe, wir gehen in zwei Minuten los”. Als sich dann weitere zehn Minuten später nix tut und es darauf hinausläuft, dass wir den Zug nicht bekommen und einige es nicht mehr nach Hause schaffen, werden die ersten endgültig ungeduldig und wie von Geisterhand öffnet sich das erste Tor. Mit dem Einsatz von Pfefferspray wird die ganze Meute dann zurückgedrängt. Das Schauspiel ereignet sich dann weitere zwei Male, bis es endlich losgeht. Was der Sinn dieser ganzen Aktion war und warum das nicht schon 20 Minuten vorher möglich war, wird wohl für immer ein Geheimnis der eingesetzten Kräfte bleiben. Und jetzt kommt mir bitte keiner mit Fantrennung. Wir reden hier immerhin von Elversberg. Zudem würde es aus rein logischen Gesichtspunkten mehr Sinn machen, die Leute warten zu lassen, die 13 Kilometer Fahrt vor sich haben. Und da braucht man nicht mit Menge kommen, denn Hansafans, Elversberger und Neutrale Zuschauer werden sich dort in etwa die Waage gehalten haben. Also alles kompletter Bullshit was dort abgezogen und im Nachhinein kommuniziert wurde. 

Wie bereits beim Spiel in Kaiserslautern hat man uns da einfach stehen lassen, was (diesmal) nicht dazu geführt hat, dass wir unseren Zug nicht bekommen haben, aber für sehr viel vermeidbare Unruhe gesorgt hat. Und da wir ja auch bei den Behörden gerne Ansätze zum Sparen suchen: Wenn man nicht vor hat, ernsthaft mit den Fans zu kommunizieren, kann man sich die krassen Lautsprecherwagen, Anzeigetafeln und Einsatzleiter mit Mikrofonen auch sparen. Was man sich übrigens auch sparen kann, sind Pressemitteilungen, die nicht ansatzweise der Wahrheit entsprechen. Dann irgendeinen Schwachsinn von vorzeitigem Verlassen des Gästeblocks zu schreiben, entbehrt angesichts des oben geschilderten Spielverlaufs, einer Nachspielzeit von letztendlich 14 Minuten und der anschließenden Feierei einfach jeglicher Grundlage. Aber vielleicht war man von Seiten der Einsatzleitung, wie vor ein paar Monaten in Kaiserslautern ja wieder der Meinung, dass das Spiel erst 14 Uhr angepfiffen wurde. Ich bleibe bei der Aussage von oben, dass ich selten so schlecht informierte, so schlecht vorbereitete und so verdammt überforderte Kräfte, die auch noch jegliche Form der Kommunikation vermissen lassen (die beiden Male, in denen man von vorne bis hinten verarscht wurde, lasse ich hier bewusst weg), erlebt habe. Da können wir uns in Kaiserslautern schon mal auf ganz viel Spaß einstellen und froh sein, dass wir für den Rest der Saison diese Ecke der Republik abgehakt haben. 

Es ist eigentlich schade, dass man sich nach solch einem Spiel mit so einer Scheisse beschäftigen muss. Beschäftigen muss man sich sicher auch mit dem einen oder anderen Höhenflug. Fakt ist aber, dass es aktuell einfach nur sechs Punkte für den Klassenerhalt sind. Und wir wären nicht Hansa, wenn wir bei dieser aufkommenden Euphorie nicht im Pokal gegen Frankfurt verkacken würden. Deswegen ist es umso wichtiger, dass auch diesmal jeder den Weg dorthin findet, um der Mannschaft, wie am vergangenen Samstag, die letzten Prozente mit auf den Weg zu geben. 

Wir sehen uns.

Zusammen – Kampfgeist statt Abstieg!

Mai 24, 2023

Es war wieder einmal verdammt lange ruhig hier. War das zunächst noch mit Frust zu erklären, ist es zuletzt eher Aberglaube gewesen, der dafür gesorgt hat, dass es hier ziemlich ruhig war. Zweiteres ist übrigens auch der Grund, warum der Kommentar zum Winter-Trainingslager immer noch irgendwo in der Pipeline schlummert und wahrscheinlich als Lückenfüller in der Sommerpause herhalten muss. 

Aber das soll hier nur eine Randnotiz sein. Lange musste ich mich mit diversen Geschichten der letzten Wochen und Monate zurückhalten, was ihr jetzt in geballter Ladung zu lesen bekommen werdet. Da es jetzt nicht unbedingt zu meinen Stärken gehört, mich kurzzufassen, entschuldige ich mich schon mal im Voraus für die Überlänge. Zu meiner Verteidigung: Es muss quasi eine komplette Rückrunde in diesen Text passen… oder genau genommen die Spiele, die uns zum mittlerweile schon sicheren Klassenerhalt verholfen haben. Die waren zwar zusammengenommen recht überschaubar, aber aufgrund des Zeitpunkts und der Art und Weise umso emotionaler und erwähnenswerter. Aber von vorn: 

Vorgeschichte

Die ist schnell erzählt. Hansa ist im allseits gefürchteten schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg angekommen. Insbesondere die Tatsachen, dass John Verhoek sein Sahnejahr scheinbar nicht wiederholen kann und dass es nicht gelungen ist, einen Spieler wie Hanno Behrens zu ersetzen, machen sich langsam bemerkbar. Auf einem Nichtabstiegsplatz stehend und eigentlich völlig ohne Not bekommt man in Rostock zwei Spieltage vor der Winterpause plötzlich die beste Idee seit langem. Statt Ergebnisfußball, bei dem die Mannschaft vor allem mit kämpferischer Leistung überzeugt, soll es auf einmal schöner, ansehnlicher Fußball sein. Aus den Spielen gegen Braunschweig und Nürnberg holt man vier Punkte und es sieht so aus, als würde sich der Trainerwechsel bezahlt machen. 

Nach der Winterpause geht es dann los. Die Niederlagen gegen Heidenheim, den HSV und Darmstadt folgen ein und demselben Muster. Der eigentlich überlegene Gegner lässt uns bis zur 80. Minute mitspielen und in dem Glauben, irgendwas reißen zu können, um dann in den letzten Minuten, wenn bei uns die Puste ausgeht, einen Gang höher zu schalten und noch schnell die Bude(n) zu machen. Der zwischenzeitliche Sieg gegen Bielefeld täuscht da mal kurz darüber hinweg, dass wir vor allem offensiv einfach nichts auf die Kette kriegen. Das Ergebnis dessen und des viel zu späten erneuten Trainerwechsels ist dann, dass wir nach dem 28. Spieltag auf dem vorletzten Platz stehen und zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz, sogar vier auf das rettende Ufer haben. Der eine oder andere fing aus der Verzweiflung heraus sogar schon an, sich Auswärtsfahrten nach Verl oder zu Freiburg 2 schönzureden.

Doch was nach diesem 28. Spieltag kommen sollte, war einfach nur Wahnsinn.

29. Spieltag – Heimspiel Fürth

Es war eines dieser Spiele, die wir in den harten Drittligajahren auch immer mal wieder hatten. Dieses eine Spiel, bei dem man beim morgendlichen Weckerklingeln überlegt “will ich das wirklich?”. Die Motivation, aufzustehen, war an diesem Tag die Tatsache, dass es der erste wirklich sonnige und warme Tag des Jahres werden sollte. Mit dem frühen Zug ging es direkt nach Warnemünde an den Strand. Dort wollte ich mir eigentlich bei einer Capri Sonne ein bisschen Mut fürs Spiel antrinken. Das ging aber beinah nach hinten los, denn mit jeder Minute in der Sonne wurde die Stimme lauter, die diese Frage stellte: “Will ich das wirklich? Vor allem, wenn das hier die Alternative ist?”. Von Wollen konnte jetzt nicht wirklich die Rede sein und trotzdem gab ich schweren Herzens meinen Sonnenplatz am Strand auf, um ihn gegen einen Schattenplatz im Stadion zu tauschen. Und da war irgendwas anders, als in den letzten Wochen und vor allem anders, als man es erwartet hätte. Irgendwie lag etwas in der Luft, das den Eindruck erweckte, dass jeder diese “Heute klappt es!”-Einstellung hatte. Schon weit vor Anpfiff versammelte sich alles auf der Tribüne, um dieses Gefühl auch an die Mannschaft weiterzugeben. Trotz der Umstände entwickelte sich in dem Spiel eine Lautstärke, die man bis dahin im Laufe der Saison selten erlebt hat. Die Mannschaft ließ sich davon anstecken und machte tatsächlich eins der besseren Spiele seit langem. Symbolisch für den Aufschwung, der nach dem Spiel folgen sollte, war das 1:0 von Nils Fröling an diesem Tag. Es passt einfach, dass der Treffer nicht aus einem Gewühl heraus oder durch ein 1vs1 mit dem Torwart fiel. Nein. Der Treffer musste genau so fallen, wie er gefallen ist. Dieser Schuss, frei nach dem Motto “Zur Not schieß ich den Torwart mit rein” wird für mich immer sinnbildlich sein für das regelrechte Wunder, das wir in den fünf Spielen kurz vor Ende der Saison vollbracht haben.

Nach dem Spiel schallte bei allem Jubel der für schwere Zeiten prädestinierte Klassiker “Wenn wir zusammengehn, wenn wir zusammenstehn, werden wir niemals, niemals untergehn!” durch das Stadion und ich glaube, es gab kaum jemanden unter den 24.000 anwesenden Hansafans, der dabei keinen Kloß im Hals oder zumindest leicht glasige Augen hatte.

30. Spieltag – Kaiserslautern auswärts

Das Spiel gegen Fürth hatte bei mir einige Spuren hinterlassen. Meine aufgrund des schönen Wetters doch recht euphorische Wahl der Kleidung sorgte dafür, dass ich in der Woche darauf mal richtig am Ar*** war. So, wie sich das gehört, war ich aber pünktlich zum Wochenende wieder fit, was auch wirklich nötig war. Es stand eine der weitesten Fahrten des Jahres an und alles Theater drumherum sollte sich bezahlt machen. Noch am Vorabend ging es los und nachdem ich dann auch planmäßig am Ostkreuz zugestiegen war, war die Gäääng auch fast komplett. Einige hatten es sich in den Kopf gesetzt, die Strecke per WET zurückzulegen. Ich werde jetzt noch beim bloßen Gedanken daran einfach nur müde. Respekt an die Jungs. Der Großteil entschied sich für die landschaftlich schöne ICE-Strecke. Mit Zwischenhalt an der Heimspielstätte der Krefeld Pinguine von Köln und einigen anderen Metropolen führte uns der Weg nach Kaiserslautern, wo man es direkt mit leicht überforderten, wenig sprechenden und schlecht informierten Polizisten zu tun bekam. Vor dem Spiel wurde der Haufen auf einer Straße zusammengepfercht, die scheinbar nicht einmal abgesperrt war, sodass man beinahe noch von überforderten Autofahrern über den Haufen gefahren wurde. Mit dem Argument “Das Spiel geht doch erst 14 Uhr los, da ist noch viel Zeit” versuchte man (seltsamerweise vergeblich) die immer unruhiger werdende Meute zu beruhigen. Erst, als dann beim Dosen-Fußball wieder diverse Schienbeine nur knapp einem Bruch entgehen konnten, ging es dann irgendwann mal los. Wahrscheinlich aber nur, um schlimmere Verletzungen unter den anwesenden Hansafans zu verhindern. Apropos Fußball. Der wurde übrigens auch gespielt. Unser F.C. Hansa hielt mal wieder die Null und vorne half der Pröger. Schön zu sehen, dass auch er zum richtigen und wichtigen Zeitpunkt wieder trifft. Bezeichnend für das ausgerufene Motto “Kampfgeist statt Abstieg” war an diesem Tag neben Rick van Drongelen, der trotz Brummschädel und Platzwunde noch lange durchhielt, eine Aktion von Kevin Schumacher, der mit einem Sprint über die Diagonale des Spielfelds und anschließendem Tackling einen gefährlichen Konter der Lauterer verhindern konnte. Der Jubel über diese Szene oder auch über die Abseitsentscheidung nach dem vermeintlichen Lauterer Ausgleich sind im Nachhinein schwer zu beschreiben. Sie verdeutlichen aber auch wieder, wie viel für uns auf dem Spiel stand. Irgendwann hatte der Schiri dann auch mal eingesehen, dass es für Lautern nichts mehr werden sollte und pfiff das Spiel endlich ab. Zu diesem Zeitpunkt ein Stück weit “Zusatzpunkte” im Kampf gegen den Abstieg. Die nahmen wir aber gern mit. Als “Marschlied” für den Rückweg zum Bahnhof wurde dann die Jahresuhr auserkoren, was für einige verwunderte Gesichter auf Seiten der Heimfans sorgte. 

Der Heimweg gestaltete sich dann zunächst deutlich unentspannter, als gedacht. Von Seiten der Sicherheitskräfte war man zur Abwechslung mal wieder davon ausgegangen, dass alle nach Rostock müssen und ließ die Zugfahrer deshalb ohne jegliche Information vor dem Bahnhof warten, bis die letzte mögliche S-Bahn zum pünktlichen Erreichen des Zuges in nach Hamburg einfuhr. Erst, als es dann auf dem Weg nach Mannheim Probleme aufgrund einer Streckensperrung gab, wurden sie auf einmal nervös. Im dümmsten Fall hätte man jetzt nämlich plötzlich eine ganze Horde Hansafans in der Nacht auf irgendeinem Bahnhof stehen gehabt. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie wollte das keiner. In der plötzlich aufkommenden Hektik stellte sich dann ganz überraschend heraus, dass nicht alle in Richtung Hamburg bzw. Rostock mussten. Sachen gibts. Aber wir sind ja hilfsbereit und um den mit der Situation etwas überfordert wirkenden Kräften aus dem Schlamassel zu helfen, wurde kurzerhand eine neue Möglichkeit gefunden, pünktlich nach Mannheim zu gelangen. Danke nochmal für nichts, an dieser Stelle. Die weitere Rückfahrt verlief dann recht entspannt, was wohl auch der aufkommenden Müdigkeit geschuldet war. Während einige noch das Bordbistro leer tranken, räumten andere die Gepäckablage um, um dort das wohlverdiente Nickerchen zu halten. Eine lange, aber wieder mal schöne Fahrt, die sich auch endlich mal wieder sportlich gelohnt hatte, endete mit der Erkenntnis: Hansa lebt! Oder wie einige nach dem Spiel beim Blick auf die Tabelle forderten: Sofortiger Saisonabbruch!

31. Spieltag – Heimspiel gegen Regensburg

Im Gegensatz zum letzten Heimspiel hatte sich das Wetter ganz schön gewandelt. Es war arschkalt und irgendwie huschte auch immer mal der eine oder andere Tropfen runter. Das Getränk der Wahl für den Mut vor dem Spiel war diesmal ein warmer Kakao, der wirklich Wunder bewirkte. Und ich glaube, dass die Mannschaft in der Kabine auch den einen oder anderen Kakao geschlürft hat. Mit deutlich weniger Zittern, aber mit nicht weniger Kampfgeist konnte die Mannschaft das Spiel zu unseren Gunsten entscheiden und somit einen Konkurrenten um den Relegationsplatz, den wir ein paar Wochen zuvor noch mit Kusshand genommen hätten, distanzieren. Da gleichzeitig Bielefeld verlor, konnten wir uns sogar ein kleines Polster von vier Punkten auf eben diesen Relegationsplatz erarbeiten. Der Gedanke an die kommenden Duelle gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf sorgte aber dafür, dass der Fokus direkt auf die nächsten beiden Spiele gelegt wurde.
Alle nach Sandhausen und Nürnberg!

32. Spieltag – Sandhausen auswärts

Abgesehen von der katastrophalen Einlasssituation in der vergangenen Saison kann man als Gästefan über Sandhausen eher wenig Schlechtes sagen. Der Punkt, dass sie als Gäste nun mal absolut unattraktiv für die Liga sind, lässt sich zwar nicht bestreiten, dennoch kann man sich die Frage stellen, ob das unbedingt besser wird, wenn in der nächsten Saison dann stattdessen Elversberg in die Liga rutscht. Aber lassen wir das. Wie immer ging es in erster Linie um Hansa und da kann man auch schon mal für ein Freitagsspiel viel zu früh aufstehen. Nach entspannter Zugfahrt (Sind Deutschlandtickets jetzt eigentlich im Flixtrain gültig? Frage für nen Freund) erreichten wir unser Ziel sogar mal planmäßig, sodass noch genug Zeit bis Anpfiff war. Nach einer kurzen Märchenstunde ging es dann an die Nahrungsbeschaffung und anschließend in Richtung Stadion. Das Thema Nahrungsbeschaffung gestaltete sich insofern schwierig, weil einige einheimische Polizisten wohl etwas irritiert über den Haufen waren, der für einen unerwarteten Ansturm an der örtlichen Imbissbude sorgte. Aufgrund der nicht zu überwindenden Sprachbarriere wurde der Versuch der Kontaktaufnahme von Seiten der Eingeborenen ohne weitere Erfolge beendet. Bisschen bockig waren sie zwar noch, ergaben sich aber ihrem Schicksal, nichts über die Bande herausgefunden zu haben. 

Bezogen auf das Spiel hielt sich die Nervosität recht lange in Grenzen. Abgesehen von der brenzligen Anfangsphase hatte ich irgendwann das Gefühl, dass uns heute nichts passieren könnte. Mit einem ungewohnt entspannten 2:0 ging es in die Pause und auch in den ersten Minuten nach dem Seitenwechsel schien es nur eine Formsache zu sein, wann wir das dritte Tor und damit den Sack zumachen. Gerade, als ich dachte “Jetzt nur nicht durch eine Unachtsamkeit den Anschluss fressen, sonst wird das hier richtig eklig”, passierte genau das.

Nach dem Anschlusstreffer lief irgendwie nichts mehr zusammen und es war irgendwie klar, dass noch was passieren musste. Und es passierte. Sandhausen erzielte den vermeintlichen Ausgleichstreffer und beim Blick durch den Block sah man ratlose Gesichter, die sich alle fragten: „Wie zur Hölle haben wir jetzt die zwei Tore bekommen?”. Doch plötzlich ging aus dem Nichts die Tormusik aus und es gab große Diskussionen auf dem Platz. Da war doch tatsächlich ein Sandhäuser mit der Hand am Ball und der Schiri hat es auch noch gesehen. Es geschehen tatsächlich noch Wunder. Ausgleichende Gerechtigkeit, wenn man da an die eine oder andere Szene aus dem Hinspiel denkt. Fast im direkten Gegenzug hätte man den Sack dann auch fast schon zumachen können, entschied sich aber dafür, es weiter spannend zu machen. Zu unserem Glück standen sich die Spieler der Gastgeber bei den wenigen gefährlichen Aktionen selbst im Weg oder kloppten den Ball völlig ohne Not weg, anstatt ihn einfach ins Tor zu schieben. Und wenn mal ein Zeichen gesetzt werden musste, dann musste halt auch mal der Spielaufbau mit ner Monstergrätsche gestört werden. Genau so funktioniert AbstiegsKAMPF!

Nach dem Spiel gabs noch einen kleinen Gruß in Richtung Berlin und mit dem guten Gefühl, vorgelegt zu haben, ging es nach Hause. 

Die restlichen Ergebnisse sorgten allerdings nicht für die erhoffte Erlösung. Zwar ließen Nürnberg und Braunschweig Punkte liegen, allerdings ergaunerte sich Bielefeld in der 7. Minute der Nachspielzeit die drei Punkte gegen Kaiserslautern und verhinderte damit den vorzeitigen Klassenerhalt.

33. Spieltag – Klassenerhalt in Nürnberg

Was hier mit dem Titel fast schon nüchtern beschrieben wird, war in Wirklichkeit eine Achterbahn der Gefühle, die sich quasi mit der aus dem Aufstiegsspiel gegen Lübeck auf eine Stufe stellen lässt. Und um eine Parallele zu diesem Spiel zu ziehen: Wieder war es ein Unentschieden, das uns den Arsch retten sollte.

Wenn man sich die Rückrunde mal so anschaut, kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass uns Sonntagsspiele überhaupt nicht liegen. Da war es denkbar schlecht, dass ausgerechnet dieses wichtige Spiel mal wieder an einem Sonntag angesetzt wurde. Was schon deswegen eine Frechheit ist, weil die letzten beiden Spieltage ohne Wenn und Aber gleichzeitig angesetzt gehören. Punkt. Soviel erstmal dazu. Die Konkurrenz, allesamt am Vortag aktiv, meinte es wieder einmal nicht gut mit uns und so mussten wir es also doch selbst regeln. Der Optimist dachte sich wahrscheinlich: Wir haben zwei Spiele, um mit unserer aktuell gut aufgelegten Mannschaft einen Punkt zu holen. Der Realist sagte: Bitte nicht wieder so ein letzter Spieltag, wie damals in Dresden!

Das Spiel selbst war eine einzige Qual. Auch die zwischenzeitliche Erleichterung hielt Dank VAR nicht lange an. Es gab für dieses Spiel nur zwei mögliche Szenarien. Entweder feiern wir oder die anderen. Wir hatten jedoch den Vorteil, dass die anderen dafür ein Tor brauchten. Und wenn wir eines in den letzten Wochen als große Stärke ausmachen konnten, dann war es das Verteidigen des eigenen Tores. Und wenn mal ein Ball durchrutscht, dann haben wir aktuell eben auch das Glück, das wir so lange nicht hatten. Da kann es schon mal passieren, dass der Gegner den Ball aus drei Metern bis nach Meppen kloppt, anstatt ihn im nahezu leeren Tor unterzubringen. 

Die sechs Minuten Nachspielzeit sind dann nur noch purer Horror. Nachdem dann eine weitere von gefühlt tausenden Flanken vergeblich in unseren Strafraum und von dort ins Toraus segelte, sorgte ein kleines Detail bei mir für Erleichterung. Der Schiri macht absolut gar keine Anstalten, irgendwen wegen eines vermeintlichen Zeitspiels ermahnen zu wollen. Er wird doch nicht? Doch, er wird. Dieser Abpfiff und der dabei aufkommende Jubel sind einfach nur Wahnsinn. Ich würde behaupten, dass mancher Torjubel bei erfolgsverwöhnteren Vereinen nicht annähernd an das herankommt, was sich in diesem Moment im Gästeblock des Max-Morlock-Stadions abgespielt hat. Zur Stimmung danach muss ich wahrscheinlich nicht viel sagen, da es ja schon diverse Videos dazu gibt, die sich wahrscheinlich jeder von euch schon tausendfach angeschaut hat. Ich kann auch nicht wirklich viel dazu sagen, weil es keine Worte gibt, die das angemessen beschreiben würden. Es war einfach unfassbar. Und zur Abwechslung meine ich damit: Unfassbar schön!

Drei Tage danach – Vorfreude statt Anspannung

Es ist so ein unfassbar gutes Gefühl, mit dem sicheren Klassenerhalt in der Hand das letzte Spiel angehen zu können. Die Spielplanpuzzler meinten es gut mit uns und haben uns für diesen letzten Spieltag ein Heimspiel organisiert. Schon seit Wochen ist es quasi unmöglich, für dieses Spiel noch an Karten zu kommen. Um gleich mal die Hoffnung einiger Braunschweiger zu nehmen: Es ist nicht so, dass es für uns um nichts mehr geht. Am Sonntag entscheidet sich nämlich, wer bei der Auslosung des DFB-Pokals in welchem Pott landet. Gut, dass ein vermeintlich leichterer Gegner nicht unbedingt den sicheren Einzug in die zweite Runde bedeuten muss, sollte ja bekannt sein. Dennoch könnte man gerade im Pokal ein bisschen Geld einspielen, das man bei den anstehenden Ausgaben in Sachen Stadion ganz gut gebrauchen kann. Aber das ist schon wieder viel zu viel Grübelei, die am Sonntag eigentlich keine Rolle spielen sollte. Sonntag heißt es dann, einfach nur zu genießen. 

Und sollte es den einen oder anderen geben, der am Sonntag nicht ganz so motiviert ist, dann bleibt einfach nach dem Betreten des Blocks kurz stehen und erinnert euch zurück an die letzten Spiele. Wie wir nach dem Spiel gegen Kiel dort gestanden haben und nur noch kopfschüttelnd und deprimiert in Richtung Spielfeld geschaut haben, weil keiner eine Idee hatte, wie man so überhaupt nochmal irgendein Spiel gewinnen sollte. Dann an das Spiel gegen Fürth, bei dem diese Aufbruchstimmung schon vor dem Spiel zu spüren war und an das letzte Heimspiel gegen Regensburg, bei dem wir nicht mal bis zur letzten Sekunde zittern mussten. Wir haben uns quasi in jedem Heimspiel gesteigert, also warum nicht auch am Sonntag? Wobei eine Steigerung jetzt fast nur noch wäre, dass wir auch noch anfangen, attraktiven Fußball zu spielen. 

Und da schließt sich dann irgendwie auch der Kreis. Oben hab ich erwähnt, dass man aus irgendeinem Grund auf die Idee gekommen ist, attraktiven Fußball spielen zu wollen. Diese Idee hat uns beinahe die 2. Liga gekostet. Und ich bin ehrlich: Wenn wir uns mit Einsatz, Kampf und Leidenschaft in der Liga etablieren, dann scheiss ich gern darauf, wie dieser Ball den Weg ins Tor gefunden hat. Hauptsache, er geht rein und das möglichst oft. Dann können andere gerne mit schönerem Fußball und 80 Prozent Ballbesitz absteigen und wir haben – vor allem finanziell – unsere Ruhe. 

Das soll es von mir erst einmal gewesen sein. Macht euch noch ein paar schöne Tage und dann sucht am Sonntag euer schönstes Trikot raus und genießt einfach die Tatsache, dass wir ein weiteres Jahr in der 2. Liga spielen werden.

Und nicht vergessen: 

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Alles reingehauen – Auswärtssieg in Bielefeld!

Februar 11, 2023

Wenn ich an die bisherigen Spiele in Bielefeld zurückdenke, habe ich immer besonders die Fahrten dorthin in Erinnerung. 
Vor mittlerweile elf Jahren starteten wir am Abend zuvor in Richtung Leipzig, um von dort aus mit dem guten alten Wochenendticket Richtung Ostwestfalen zu fahren. Unterwegs wurde die Bande immer größer und wurde beim Zwischenhalt in Braunschweig noch durch irgendeinen Typen ergänzt, der eigentlich seine Freundin in Magdeburg besuchen wollte, sich dann aber kurzfristig überreden ließ, lieber mit uns zum Spiel des großen F.C. Hansa zu fahren. Noch gar nicht richtig abgefahren, setzte der Lokführer des Zuges, der uns von Braunschweig aus weiterbringen sollte, wieder zur Bremsung an. Die “wichtige Durchsage an die mitreisenden Fans des F.C. Hansa Rostock”, in deren Folge dann What is love von Haddaway durch die Zuglautsprecher schallte, war wohl nicht so ganz in seinem Interesse. Von der Drohung, den Zug räumen zu lassen, sollte es zu weiteren “Spielereien an der Sprechanlage” kommen, ließen sich die Angesprochenen aber nicht wirklich beeindrucken. 
Ein paar Jahre später stand die Fahrt nach Bielefeld im Zeichen eines Abschieds, der am Abend vorher noch in einem Hallenser Studentenwohnheim gefeiert wurde. Aus irgendeinem Grund hatte einer aus der Gruppe plötzlich einen Wischmop in der Hand, der uns auf der anstehenden Fahrt begleiten sollte. In Anbetracht der üblichen Kleckereien, die so eine Fahrt mit sich bringt, durchaus eine gute Idee. Im Laufe der Fahrt wurde diesem dann ein Gesicht verpasst, was ihn ein bisschen gefährlich aussehen ließ. Ob es dann die cleverste Idee eines unserer Mitreisenden war, die Gruppe und ihren neuen Begleiter bei den anwesenden und eh schon nervösen Polizisten mit den Worten “Hier kommt gleich ein wütender Mop” anzukündigen, sei mal dahingestellt. 

Aufgrund der Tatsache, dass das letzte Wochenende schon wieder anstrengend genug war und ich am gestrigen Tag noch arbeiten musste, hätte ich eigentlich nichts dagegen gehabt, wenn das Spiel und die Fahrt mal ohne irgendwelche Zwischenfälle abgelaufen wären. Dass das scheinbar nicht so ganz geklappt hat, zeigt die Tatsache, dass ich gerade hier sitze und am Schreiben bin. Trotz der eben genannten Einstellung war ich gestern irgendwie in Stänkerlaune. Allein das sagt schon viel darüber aus, warum es eben nicht ganz so ruhig lief, wie ursprünglich geplant. 
Mit einer Gruppe, die scheinbar von den Sicherheitskräften vor Ort als “größere Gruppe” eingestuft wurde und deshalb begleitet werden sollte, machten wir uns auf den Weg vom Bahnhof in Richtung Stadion. Da wir mit der Weggestaltung etwas unzufrieden waren, entschlossen wir uns kurzerhand, nochmal umzudrehen und einen schöneren Weg zu wählen. Der etwas verzweifelte Blick des Beifahrers in einem unserer Begleitfahrzeuge sorgte dann für zusätzliche Erheiterung. Es folgte ein munteres Katz-und-Maus-Spiel, das sich über den gesamten Weg zum Stadion zog und seinen Höhepunkt kurz vor dem Gästebereich fand. Die verzweifelten Versuche, die Gruppe anzusprechen, führten weiterhin nicht zum Erfolg und unter der lautstarken Aussage “47/1 AUSSTEIGEN!” versuchte der eifrigste unter unseren Begleitern, jetzt mal kurz ein bisschen Eindruck zu schinden. Zuvor hatte schon ein beinahe weinerliches “HALLO! Ich versuche hier normal mit Euch zu reden, dann redet doch bitte auch mit mir!” nicht zum Erfolg geführt. Die Situation, die aus unserer Sicht vielleicht auch ein Stück weit als Lehrstunde in Sachen “Kommunikation ist keine Einbahnstraße” bezeichnet werden konnte, wurde dann aus Gründen kurz etwas unübersichtlich, hat sich aber recht schnell wieder aufgelöst. Etwas bedröppelt musste der Wortführer dann gegenüber seinen aufgrund des Theaters leicht verwunderten Kollegen zugeben, dass die ganze Aufregung wohl umsonst war. Ursprung des Übels war wohl, dass nicht ganz klar war, welchem Fanlager unsere Gruppe zuzuordnen war. Da gabs scheinbar auch in der Kommunikation untereinander diverse Probleme, denn den Kollegen im Bahnhof war durchaus bekannt, welchem Lager wir zuzurechnen waren. Abgesehen davon fielen die Kräfte vor Ort aber durch ihr entspanntes und in Teilen auch hilfsbereites Auftreten auf, das so auch nicht selbstverständlich ist. Das muss ja auch mal erwähnt werden.

Die Zeit bis zum Spiel wurde dann mit einer gepflegten Runde Dosen-Fußball totgeschlagen, bei der es eigentlich ein Wunder war, dass es zu keinen großartigen Verletzungen kam. 

Zum eigentlichen Spiel gibt es wie immer nicht viel zu sagen. Auch wenn man öffentlich vermeiden wollte, von einem Sechs-Punkte-Spiel zu sprechen, war klar, dass es genau das werden sollte. In der PK vor dem Spiel hieß es, dass man alles reinhauen wolle, um das Spiel erfolgreich zu gestalten. Das galt es nun, in die Tat umzusetzen. Und ohne groß was vorwegzunehmen: Das sollte an diesem Tag auch gelingen.
Die erste Halbzeit war komplett wild und hätte jederzeit in irgendeine Richtung kippen können. In der zweiten Halbzeit kam unsere Mannschaft dann mit noch mehr Überzeugung auf den Platz zurück. Sinnbild für den Erfolg war dann die Szene rund um den Führungstreffer. Den Einsatz erklärte der Trainer mit der ausgegebenen Prämisse “keinen Ball verloren geben” und traf damit den Nagel auf den Kopf. Selbiges tat auch ein Kommentar eines Bielefelder Fans in den sozialen Medien. Die Aussage “Pröger verletzt mehr Kampfgeist als unsere komplette Mannschaft über 90 Minuten” fasste eigentlich ganz gut zusammen, warum wir das Spiel gestern gewonnen haben, obwohl uns Bielefeld rein vom Kader und der individuellen Klasse wahrscheinlich einiges voraus hat.
Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten bei Toren in solch wichtigen Spielen, konnte ich mich in diesem Moment nicht wirklich freuen, was wahrscheinlich noch Nachwehen von den beiden aberkannten Toren in der Vorwoche waren. Umso besser und emotionaler war dann der Moment des Abpfiffs, ab dem uns kein VAR der Welt diesen wichtigen Sieg noch hätte nehmen können. 

Die Stimmung im wieder einmal gut gefüllten bis überfüllten Gästeblock konnte man als “ausbaufähig” bezeichnen. Mal abgesehen davon, dass das Bielefelder Stadion nicht gerade mit überragender Akustik aufwarten kann, fehlte in der Masse dann doch irgendwie die Überzeugung. Insbesondere in den Minuten nach dem Tor und dem Abpfiff wurde deutlich, was mit diesem Haufen möglich ist, wenn alle mitziehen. 

Aufgrund des Ergebnisses ging es mit reichlich guter Laune und diesmal ohne nennenswerte Ereignisse zurück in Richtung Bahnhof. Der nicht ganz pünktliche Zug konnte neben einem ungewöhnlich lang geöffneten Bordbistro vor allem mit seinem Zugbegleiter punkten, der nicht nur durch seine unterhaltsamen Ansagen positiv auffiel. Als Reisender, der häufig in nicht ganz so kleinen Gruppen unterwegs ist, wünscht man sich tatsächlich mehr von seiner Sorte. Da auch die restlichen Reisenden ausnahmsweise ungewohnt entspannt waren, war es eine rundum gelungene Rückfahrt für uns. 

Mit Blick auf die nächsten Spiele gegen den Tabellenführer und den hippen Hamburger Stadtteilverein kann man nur hoffen, dass dieser Erfolg gestern das nötige Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben verschafft hat. 
Bis es soweit ist, heißt es, Kräfte zu sammeln und Samstagabend dann wieder alles zu geben, um diesmal gegen einen vermeintlichen Favoriten nicht nur ein gutes Spiel zu machen, sondern vielleicht auch mal was Zählbares mitzunehmen. 

Wir sehen uns!

Heimspiel in Berlin!

Dezember 19, 2022

Seit über vier Jahren wohne ich jetzt in Berlin. Der nicht ganz freiwillige Umzug hierhin, den ich gern als “geografisch gesehen geringstes Übel” bezeichne, hatte bezogen auf Hansa auch den einen oder anderen Vorteil. Die Fahrten zu den Heimspielen gestalteten sich deutlich entspannter (wenn man davon absieht, dass ich teilweise von Berlin in die Heimat gefahren bin, um dann von dort aus nach Rostock zu fahren) und auch die weiten Auswärtsspiele waren aufgrund der deutlich besseren Anbindung in Sachen Zug und Flug oft kein Problem. Wo man vom thüringischen Dorf aus meist erstmal eine Stunde mit dem Auto zum nächsten halbwegs gut angebundenen Bahnhof fahren musste, hat man hier quasi alles direkt vor der Tür. 

Was mir in der ganzen Zeit aber nicht vergönnt war, war ein Auswärtsspiel unseres großen F.C. Hansa in der sogenannten Bundeshauptstadt. Das war zum Einen dem sportlichen Erfolg von Union zu verdanken und zum Anderen der Tatsache geschuldet, dass die Hertha es trotz größter Bemühungen nicht geschafft hat, einfach mal abzusteigen. Testspiele bei Größen wie Altglienicke oder dem BAK unterschlage ich hier mal bewusst. 

Doch nach diversen Auswärtsspielen der Amateure, die mittlerweile fast schon mehr, als eine “nette Abwechslung” geworden sind, sollte es in der vergangenen Woche endlich so weit sein und auch mal ein Spiel der ersten Mannschaft vor der eigenen Haustür anstehen. Nachdem der Verband und/oder die Polizei in den letzten Jahren erfolgreich jedes halbwegs interessante Testspiel direkt untersagten, staunte ich nicht schlecht, als es plötzlich hieß, dass ein Testspiel gegen Union angesetzt ist. Die Bedenken der eben genannten Entscheidungsträger äußerten sich dann auch mal direkt in der Anstoßzeit. Bei dem Plan, irgendwen dadurch von der Fahrt nach Berlin abzuhalten, hatte man die Rechnung aber wahrscheinlich ohne die Reisefreude der Hansafans gemacht, die trotzdem zahlreich den Weg nach Köpenick fanden. Ich selbst traute dem Frieden bis zum Spieltag 12:00 Uhr immer noch nicht so wirklich und rechnete eigentlich jederzeit mit einer “witterungsbedingten Absage”. 

Da es nicht so gekommen ist, wurde pünktlich zu diesem Zeitpunkt alles stehen und liegen gelassen und der Weg in Richtung Osten der Stadt angetreten. Der Gedanke, dass die Berliner Polizei sicher etwas nervös sein würde, bestätigte sich direkt, als ich an meiner Zielstation aussteigen wollte und dort schon die eine oder andere Kraft in Zivil erspähen konnte. Da muss man ja schon mal ein bisschen Lob und Anerkennung aussprechen für den taktischen Plan, sich vor allem in der Hansazone der Hauptstadt breit aufzustellen. Um den nicht ganz so kleinen Haufen zu erspähen, hat es dann aber scheinbar doch nicht ganz gereicht und so konnten wir uns entspannt in Richtung Treffpunkt bewegen. Unterwegs wurde der eine oder andere Späher aus dem Wald ausgemacht, was sich aber den ganzen Tag über zumindest für uns als nicht problematisch erwies. 

Vom Treffpunkt aus ging es dann geschlossen in Richtung Alte Försterei. Hinterlassen wurde dort ein verzweifelter Marktleiter, der plötzlich ungewohnt viele Autos auf seinem Parkplatz stehen hatte und diverse Kunden beruhigen musste, die sich angesichts der zahlreichen, teils vermummten (zu unserer Verteidigung: es war einfach nur kalt!) und schwarz gekleideten Menschen etwas um ihre Sicherheit gesorgt hatten. 

Am Stadion angekommen stellte man sich dann schnell die Frage, wie man dort klarkommt, wenn mal mehr Gästefans kommen. Da es am Einlass teilweise gar nicht vorwärts ging, wurde dann auch der Anstoß nochmal nach hinten verschoben. Ich bezweifle aber, dass trotzdem alle das Spiel von Anfang an gesehen haben. Als ich selbst am Einlass war, konnte ich dann auch erkennen, wo das Problem lag. Das Ergebnis der eben erfolgten Einlasskontrolle sollte durch eine Befragung scheinbar nochmal bestätigt werden. Bei meiner an diesem Tag eh schon nicht vorhandenen guten Laune, Temperaturen von minus 12 Grad und verbleibenden fünf Minuten bis zum Anpfiff war ich für dumme Fragen in diesem Moment auf jeden Fall der absolut richtige Adressat. Dass ich dann auf die Frage “Hast du Aufkleber dabei?” nicht ganz wahrheitsgemäß mit “Nein! Brauch ich die etwa, um hier reinzukommen?” geantwortet habe, was für enorme Verwirrung auf Seiten der Sicherheitskraft gesorgt hat, hat zu einer Verbesserung der Lage komischerweise auch nicht wirklich beigetragen. Sorry deshalb an alle, die hinter mir standen. 

Zum Spiel selbst gibts nicht viel zu sagen. Beide haben personaltechnisch viel probiert, auf unserer Seite kamen mit Luca Horn und Randy Dei auch zwei Spieler der Amateure zum Einsatz. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Tatsache, dass ein Flitzer das Highlight des Tages war, nicht unbedingt für die Qualität des Spiels spricht. Aber es war ein Fest, ihn dabei zu beobachten, wie er einen Ordner nach dem anderen ausgetanzt hat, um dann mit dem Ronaldo-Move seine Bühne zu verlassen. Etwas unnötig war dann die Art und Weise, wie der junge Mann aus dem Stadion geführt wurde, was die Ordner auch von der einen oder anderen Seite nochmal zu hören bekamen. 

Nach dem Spiel verpassten wir aufgrund des Glühwein-Bedarfs diverser Leute etwas den Anschluss und bildeten dadurch die letzte Reihe vor den zahlreich anwesenden Polizisten, die uns zurück in Richtung Treffpunkt begleiten sollten. Gerade als ich den spontanen Linksschwenk von ein paar Leuten mitbekam, schlug es dann mal kurz in meinem Rücken ein. Da stand ich mit meinem breiten Kreuz wohl etwas im Weg.

In ihrem jugendlichen Leichtsinn stellte es die Berliner Polizei dann frei, zurück zum Treffpunkt oder in Richtung S-Bahnhof zu laufen. An der Gabelung wurde es kurz unruhig, als sich ein nicht ganz unstabiler Haufen formierte, der ernsthafte Ambitionen hatte, in Richtung Bahnhof zu gehen. Auf Höhe des Fanshops der Unioner kam dann ein bisschen Bewegung in die Sache, was sich aber aus der Entfernung betrachtet als nicht weiter dramatisch herausstellte. 

In der Bahn angekommen, wurde unsere Gruppe etwas auseinandergerissen, was aufgrund der Tatsache, dass wir eigentlich eh alle den Weg in Richtung unserer Wohnungen antreten wollten, nicht ganz so schlimm war. Das Wort “eigentlich” lässt erahnen, dass dieser Plan nicht bei allen von uns aufgegangen ist. Während das an sich nicht wirklich überraschend ist, hat die Tatsache, dass auch ich mich dazu hinreißen lassen habe, unordentlich zu werden, für einige Verwirrung gesorgt. 

In gewisser Weise war das am vergangenen Mittwoch schon so etwas wie der Start in die Rückrunde. Dafür habe ich mir vorgenommen, hier wieder aktiver zu werden. Auch ein etwas größeres Projekt steht schon in den Startlöchern, bedarf aber noch einiges an Planung und Arbeit. Lasst euch überraschen!

Die nächsten Ziele stehen übrigens auch schon fest. Während es wenig überraschend sein dürfte, dass ich das Spiel in Heidenheim schon im Kalender eingetragen habe, habe ich mich entgegen diverser “Nie wieder Belek!”-Aussagen wieder dazu entschieden, ein paar Tage des Wintertrainingslagers mitzunehmen. Es könnte also spannend werden. 

Bis dahin

Hansa ist groß!

Drei Punkte und 900 Euro – Regensburg liegt uns!

Oktober 30, 2022
FullSizeRender

“Wir folgen unserm Club durchs ganze Land…”

Was am gestrigen Samstag mehrfach durch das Stadion des SSV Jahn Regensburg schallte, sollte für einen Großteil der anwesenden Hansafans mal wieder Programm sein. Knappe 700 Kilometer trennen die Stadien der beiden Vereine. Nicht ganz so weit hatte es eine kleine aber feine Delegation der Mitteldeutschen Reisegruppe, die sich zu ungewohnt entspannter Uhrzeit auf den Weg in Richtung Oberpfalz machte. Für uns bzw. für mich beschränkte sich die Fahrt nämlich auf entspannte 200 Kilometer. 

Kaum am bzw. im Auto angekommen, wurde ich direkt mit einer Wette konfrontiert, die die Sektion Sportwetten auf dem Weg zu unserem Treffpunkt bereits abgeschlossen hatte. Als sie mir stolz erzählten, dass sie auf ein 3:0 für Hansa gesetzt hätten, hatte ich eigentlich nur zwei Fragen: “Wie lange seid ihr schon unterwegs, dass ihr schon so besoffen seid?” und “Wer zur Hölle soll denn so viele Tore machen?”. Die Erklärung, dass wir in der 3. Liga schon mal die Situation hatten, dass wir tabellentechnisch richtig beschissen da standen, dann aus dem Nichts 3:0 in Unterhaching gewonnen haben und das diesmal auf jeden Fall auch so werden wird, überzeugte mich zu diesem Zeitpunkt eher weniger.

In Regensburg angekommen, wurde zur Abwechslung mal kostenneutral geparkt und sich dann zu Fuß auf den Weg in Richtung Stadion gemacht. Zufällig schienen einige andere Fahrzeugbesatzungen denselben Gedanken gehabt zu haben. Die Tatsache, dass das erst bei der Ankunft in Regensburg registriert wurde, sorgte scheinbar für einigen Frust auf Seiten der Sicherheitskräfte, die nun wieder damit glänzten, einzelnen Leuten aus kleineren Gruppen wegen des Klebens von Aufklebern auf den Zeiger zu gehen. Willkommen in Bayern. 

Im Stadion war dann noch genug Zeit, es sich ein bisschen bequem zu machen. Das Wetter zeigte sich dann auch von seiner besten Seite, sodass es im in der prallen Sonne liegenden Block ordentlich warm wurde. Nach dem Motto “Wer zuletzt lacht”, konnte ich mir in kurzen Hosen und T-Shirt entspannt anschauen, wie sich einige kaputtschwitzten, die mich am Morgen noch für meine Kleidungswahl belächelt hatten. Beim Blick auf die Torschüsse, die ich mir mir entspannt und mit reichlich Sonne im Gesicht anschauen konnte, sah das auf jeden Fall schon mal deutlich besser aus, als in der Vorwoche, was nicht nur daran lag, dass nach unten auch einfach kaum noch Spielraum war. 

Dass das ein gutes Omen für die kommenden 90 Minuten sein sollte, zeigte sich dann schon früh im Spiel. Pröger hatte mal wieder einen guten Tag erwischt und den Ball zweimal technisch stark und mit einer ordentlichen Portion Überzeugung in die Maschen gehauen. Mit einer 2:0 Führung und einem recht ansprechenden Auftritt ging es in die Pause und ganz kurz kam mir der Gedanke an die Wette meiner Mitfahrer in den Sinn. Aber bei allem, was man mit Hansa über die Jahre so mitgemacht hat, war auch allen klar, dass mit einem 2:0 zur Pause noch nichts gewonnen war. 

Zu Beginn der zweiten Hälfte war es dann erstmal der Vorsänger im Sitzplatzbereich, der mich mal kurz in den Pöbelmodus versetzte. Mit dem Hinweis “Ey Leute, ihr habt Montag alle frei, also steht jetzt einfach mal auf und gebt Vollgas!”. Auch ein dezenter Hinweis darauf, dass in der kommenden Woche quasi ganz Deutschland einen Feiertag hat, außer die, die dazu verdammt sind, in Berlin zu arbeiten. Herzlichen Dank dafür!

Den Gastgebern merkte man an, dass sie sich nochmal was vorgenommen hatten, doch so wirklich wollte das Spiel nach vorne nicht gelingen. Sollte uns Recht sein und so war es auch irgendwie bezeichnend, dass ein eklatanter Fehlpass im Spielaufbau dann unser drittes Tor des Tages einleitete. Ingelsson, der eigentlich schon kaltgestellt war und scheinbar nur noch den Ball quer legen wollte, schoss irgendwie den erstbesten Gegenspieler an, von dem der Ball dann ins kurze Eck kullerte. 

Während die Stimmung im Gästeblock nun immer gelöster wurde, trafen sich zufällig die Blicke von einem meiner Mitfahrer und mir und mit Handzeichen wurde mir nochmal klargemacht, was auch an der Anzeigetafel zu dem Zeitpunkt groß zu lesen war: Regensburg 0, Hansa 3. Da es dabei blieb, waren vier Leute einfach mal um jeweils 215 Euro reicher. Kann man mal machen. 

Deutlich besser gelaunt, als nach den letzten Spielen wurde dann auch nach kurzer Feierei das Stadion verlassen. Während des Jubels gabs noch kurz Unruhe, weil einer der Ordner der Meinung war, sich an einem unserer Fotografen vergreifen zu müssen. Überragend zu sehen, wie schnell unser Vorstand und Pressesprecherin laufen können. Nachdem die Situation sich dann halbwegs beruhigt hatte, machte man mit einem Klassiker nochmal klar, was man von diesem Bundesland hält und warum man trotzdem immer wieder dorthin fährt… Wir lieben Hansa und hassen Bayern und wir sind die, die immer wieder feiern!

Beim Weg aus dem Block gabs dann auch noch eine kurze, unübersichtliche Situation, aus der ich mich einfach nur fernhalten wollte und deswegen nach rechts weggegangen bin. Was im Kopf des Ordners vorging, der mich erst zurückgeschoben und auch beim zweiten Versuch wieder daran hindern wollte, einfach nur zur Seite zu gehen, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Das waren nur zwei Beispiele für einige seltsame Aktionen der Ordner, die an dem Tag nicht ganz so nachvollziehbar waren.

Nicht ganz so nachvollziehbar war auch, was dann auf dem Parkplatz los war. Da war das Motto wahrscheinlich einfach nur, den Leuten auf den Sack zu gehen, die ihre Autos außerhalb des Parkplatzes abgestellt hatten. Wie schon bei diversen Aktionen im Stadion ließ man sich aber auch hier nicht provozieren, sodass es letztendlich zwar etwas später, aber doch recht entspannt zum Auto und von da in Richtung Heimat ging. 

Es bleibt zu hoffen, dass man bei den wichtigen Spielen gegen die unmittelbaren Konkurrenten, die in den nächsten Wochen anstehen, an die hier gezeigte Leistung anknüpfen kann. Bis dahin bleibt uns nur übrig, was wir sowieso seit Jahren machen: 

Egal, wo du auch spielst, wir sind stets da,
geben alles für den FCH!

Die guten alten Bolzplatzregeln

März 8, 2022

Zugegeben, es gibt wahrscheinlich deutlich emotionalere Möglichkeiten, einen Bericht über den letzten grandiosen Sieg unseres FC Hansa in einem Titel anzukündigen. Warum der Titel aber trotzdem passt, versuche ich euch in den nächsten Zeilen zu erklären.

Regel Nummer 1 – Wer den Ball mitbringt, ist der König

Da unsere Reisegruppe verletzungs- und planungsbedingt auf zwei wichtige Mitglieder verzichten musste, galt es erstmal, überhaupt einen Fahrer für das Vorhaben zu finden. Das war dann auch recht schnell erledigt, wobei da bestimmt auch die Kalkulation dahintersteckte, dass es im Auto nochmal deutlich enger und ungemütlicher zugegangen wäre, wenn ich einen der vorderen Sitze blockiert hätte. Der Fahrer und seine Freundin hatten dabei auch an die Versorgung der Mitreisenden gedacht und verteilten fleißig gesunde Sachen, was insbesondere den NOCH angetrunkenen Personen im Auto ganz gutgetan hat. Deshalb hier eine minimale Änderung an der Stelle: Wer die Möhrchen mitbringt, ist der König.

Regel Nummer 2 – Das letzte Tor entscheidet

Ich bin ja dafür bekannt, das Spielgeschehen an sich eher kurz zu halten. Dass das diesmal nicht möglich ist, erklärt sich glaube von selbst. Im Stadion angekommen, machten die meisten erst einmal große Augen. Vor 4-5 Jahren war es absolut nicht unrealistisch, in absehbarer Zeit Ligaspiele in Auerbach, Meuselwitz und Luckenwalde auszutragen. Und dann stehst du auf einmal in dieser riesigen Schüssel und spielst gegen die damaligen Eurofighter. Während meiner Zeit in Münster habe ich das eine oder andere internationale Spiel dort sehen können und nicht einmal im Traum daran gedacht, mit Hansa in absehbarer Zeit dort sein zu dürfen. Und auch, wenn das mittlerweile ein Standardsatz von mir ist, der auch hier später noch einmal fallen wird: Nach zehn Jahren Großaspach, Lotte und Bremen II kann ich jeden verstehen, der sich trotz der Umstände dazu entschieden hat, dieses Spiel im Stadion zu verfolgen.

Vom Anpfiff weg bestätigte sich dann grob das, was eigentlich alle vorausgesagt hatten. Schalke machte das Spiel und Hansa versuchte die wenigen eigenen Angriffe, so gut es eben ging, ins Ziel zu bringen. Das klappte dreimal recht gut, wobei man es da auch jedes Mal mehr oder weniger schnell schaffte, den Ausgleich zu kassieren. Besonders bitter war der späte Ausgleich in der 83. Minute, weil er in einer Phase fiel, in der Schalke die Ideen auszugehen drohten. Zusätzlich zu der eh schon vorhandenen fußballerischen Überlegenheit kam dann (man möchte beinah sagen ENDLICH) auch mal das Stadion und man bekam im Gästeblock zumindest im Ansatz zu spüren, was hier los sein könnte, wenn die Mannschaft die Fans komplett mitzieht. So richtig erholt hatte man sich davon im Gästeblock lange Zeit nicht. Eigentlich hofften alle nur noch, dass der Schiri endlich dieses Spiel abpfeift, um nicht noch komplett leer auszugehen. Das war angesichts der Nachspielzeit von vier Minuten und der Tatsache, dass das wohl aufgrund zahlreicher Unterbrechungen nicht alles gewesen sein sollte, aber in absehbarer Zeit eher unwahrscheinlich. Mehrfach bekam die Krake noch Gelegenheit, sich auszuzeichnen, bevor der Schiri bei einem scheinbaren Eckball für Schalke plötzlich Abstoß anzeigte. Schon da gab es erste Jubelschreie im Gästeblock. In Erwartung des Abpfiffs nach Ausführung des Abstoßes wurde vorsichtig mal wieder was angestimmt, wobei bei „bis zum letzten Atemzuge“ wirklich allen kurz der Atem stockte. Aber nicht, weil die nächste Welle auf unser Tor zurollte, sondern weil Hansa tatsächlich nochmal den Ball eroberte und nach einem Blitzsauberen Angriff in der 95. Minute tatsächlich noch das 3:4 erzielte. Die ersten drei Torjubel waren schon wirklich asozial. Aber das, was sich da in diesem Moment in unserer Ecke abgespielt hat, war einfach nur geisteskrank. Noch heute könnte ich mir die Szenen rund um das Tor stundenlang anschauen. Weniger wegen des Tores, sondern wegen des Torjubels der Marke Urschrei, der da einmal durch den gesamten Ruhrpott geflogen sein muss. Kurz darauf hätte man meinen können, dass wir sogar noch das 3:5 gemacht haben, wobei das dann einfach nur der Jubel über den Abpfiff war. Als ich kurz nach Abpfiff kopfschüttelnd und Hände auf die Knie gestützt im Block stand und mir einfach nur still die Szenen auf dem Platz anschaute fragte mich einer meiner Nebenleute, ob alles okay sei. Die Antwort war eine, die ich in den letzten Jahren irgendwie viel zu oft bringen musste: „Dieser Verein macht mich fertig!“. Immer noch völlig sprachlos versuchte man sich dann einen Weg in Richtung des Parkplatzes zu bahnen, was angesichts der feiernden Massen im Umlauf hinter dem Gästeblock gar nicht so einfach war. Das Problem waren nicht mal volle Treppen oder zu enge Durchgänge. Das Problem war, dass irgendwie keiner nach Hause wollte.

Wenn man unter den oben erwähnten Umständen nach so einem Spielverlauf auf Schalke gewinnt, dann ist das eben für alle etwas ganz Besonderes. Oder wie es einer unserer Mitfahrer mit aller Weisheit auf den Punkt brachte: Regensburg ist halt Regensburg und Schalke ist halt Schalke.

Regel Nummer 3 – Wer holt, der hat

Der Spielverlauf gestaltete dann auch die Rückfahrt, die sich am Ende wirklich wie Kaugummi zog, etwas erträglicher. Das galt auf der Rückfahrt zumindest für den Beteiligten, der aufgrund des verpassten Schlafs der vorherigen Nacht in Kombination mit reichlich Alkohol einen echt tiefen Schlaf hatte. So tief, dass wir vor dem angesteuerten Restaurant zur goldenen Möwe ernsthafte Schwierigkeiten hatten, ihn zu wecken. Auf die Frage, ob er denn wüsste, wie Hansa gespielt hat, antwortete er zu dem Zeitpunkt „Wir habens jetzt 18:15 Uhr… das muss eigentlich heißen, dass wir Unentschieden gespielt haben“. Die Zusammenhänge waren mir in dem Moment nicht so ganz klar, aber okay. Reichlich verpennt verpasste er dann auch irgendwie die Möglichkeit, sich was zu essen zu bestellen, was ihm aber in der Situation wahrscheinlich ganz gutgetan hätte. Als der Hunger dann doch reinkickte, wurde dann erstmal quer über den Tisch der neben uns sitzenden Familie gelangt, um eine dort aussortierte Gurke, vermutlich von einem Hamburger, ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zuzuführen. Aufgrund der Tatsache, dass die Mitarbeiter vor Ort hoffnungslos überfordert waren, tätigte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn die Aussage „Die sind hier so überfordert… du kannst dir da einfach irgendein Tablett wegnehmen, das merken die NIE!“. Wie dumm das war zeigte sich spätestens dann, als sich unser Tagesvollster kommentarlos in Richtung Ausgabetresen bewegte und dort mehrere Minuten einfach nur rumstand. Das war zumindest unser amateurhafter Eindruck. Eigentlich wartete er nur taktisch klug das vollste Tablett ab, um dann eben so wortlos, wie er gegangen war, wieder an den Tisch zurückzukehren. Während die Emotionen am Tisch zwischen Fassungslosigkeit und Belustigung über diese Dreistigkeit doch recht deutlich schwankten, genoss er in Ruhe sein Abendessen.

Das war dann auch das letzte Highlight für die Fahrt, bei der am Ende eigentlich nur der Fahrer stabil geblieben ist (wobei wir wieder bei Regel Nummer 1 wären).

Um das hier nicht weiter künstlich in die Länge zu ziehen: Die wichtigeren Spiele stehen in den nächsten beiden Wochen an. Da gilt dann übrigens auch wieder 3G. Also alle hin da!

Hansa ist groß!

Jubel, Trubel, Emotionen – Der FCH ist wieder da!

Juni 4, 2021

Es sind mittlerweile fast zwei Wochen vergangen, seit unser großer F.C. Hansa unter überwältigenden Umständen die langersehnte Rückkehr in die 2. Bundesliga perfekt gemacht hat. Zeit genug auch für mich, endlich alles mal zu sortieren, zu ordnen und in einem wieder einmal etwas längeren Text zusammenzufassen. Ich habe es wirklich versucht, eine kurze Version zu gestalten, aber es wäre dabei so vieles untergegangen, was dafür gesorgt hat, dass dieser Tag für immer unvergessen bleiben wird. Außerdem hat es dieser Tag schlichtweg nicht verdient, mit einer kurzen Abriss der Ereignisse abgespeist zu werden.

Wenn ihr wissen wollt, warum ein Spieltag für eine schlaflose Woche sorgen kann, wieso die Emotionen schon vor dem Spiel unbeschreiblich waren und welche Rolle Rolf Zuckowski bei dem ganzen Trubel gespielt hat oder auch wenn ihr einfach nur den entscheidenden Tag mit mir zusammen noch einmal erleben wollt, dann wünsche ich euch jetzt viel Spaß beim Lesen.

Um das ganze Ausmaß der Emotionen zu beschreiben, muss man fast noch weiter ausholen, als nur bis in die Woche vor dem letzten Spieltag. Als Hansafan ist man ja einiges gewohnt. Vor allem die Tatsache, dass man in entscheidenden Momenten mit Anlauf in die Scheisse rennt oder – wie es am 38. Spieltag kurzzeitig schien – gute Ausgangspositionen mit Ansage verspielt.

Umso mehr dieser Gelegenheiten, es noch zu versauen, in den letzten Wochen jedoch ungenutzt blieben, umso größer wurde die Hoffnung, es am Ende doch irgendwie über die Ziellinie zu bringen. Hoffnung ist bei Hansa allerdings eine ganz gefährliche Sache. Umso größer diese nämlich ist, umso mehr tut es dann weh, wenn es am Ende wieder nicht funktioniert. Und machen wir uns nichts vor: Es hat in den letzten Jahren sehr oft nicht funktioniert. Vor allem nicht in den entscheidenden Momenten, was dieser letzte Spieltag zweifelsohne war.

Schon das Spiel gegen Unterhaching ist für mich nicht zum Aushalten. Die letzten Minuten verbringe ich im Garten, während im Wohnzimmer der Fernseher läuft. Ich warte einfach nur darauf, dass mir irgendwer mitteilt, dass das Spiel endlich vorbei ist und wir die verdammten drei Punkte holen.

Am nächsten Tag folgt das Unentschieden von 1860 München, sodass von allen erdenklichen Horrorszenarien noch genau zwei übrig sind. Ein realistisches und ein weniger realistisches. Kurz: Solang wir gegen Lübeck nicht verlieren, würde es den endgültigen Beweis brauchen, dass der Fußballgott uns hasst, um den Aufstieg nicht zu schaffen.

In der Woche vor dem entscheidenden Spiel müssen dann so viele Hürden genommen werden, dass das eigentliche Problem oft ein bisschen in den Hintergrund rückt. Das Problem, dass da eben noch ein Spiel zu bestreiten ist, das man möglichst nicht verlieren sollte. Immer wieder erwische ich mich in der Woche, wie ich selbst denke: Es wäre nicht Hansa, wenn man solch einen Moment noch mit Anlauf vergeigen würde.

Dank diverser Umstände und wahnsinnig lieben Menschen ergibt sich für mich tatsächlich die Möglichkeit, das Spiel im Stadion zu verfolgen. Die Sorgen um die „Rechtmäßigkeit“ meines Aufenthalts in Mecklenburg-Vorpommern (wie absurd das schon klingt) lösen sich so langsam in Luft auf, sodass ich endlich wieder Kapazitäten habe, mich mit den möglichen Horrorszenarien rund um die Tabellensituation zu beschäftigen.

Aufgrund der ganzen Umstände geht es dann am Freitag etwas chaotisch zu. Über das Thema Schlaf rede ich an dieser Stelle schon gar nicht mehr.

Und dann ist er endlich da, der alles entscheidende Tag!

Ich sitze die ersten vier Stunden allein im Auto und in der Bahn, was mir wieder unnötig viel Zeit gibt, mir Gedanke zu machen. Der Versuch, mich mit Musik abzulenken, gelingt auch mehr schlecht als recht. Aus irgendeinem Grund ergibt sich mir bei jedem Text eine Parallele zu Hansa und den ganzen Emotionen, die mit dem Tag verbunden sind. Um aber nicht gänzlich im Stillen zu sitzen, müssen nun Lieder her, die mich keinesfalls sentimental werden lassen. Also sorgt ab jetzt ein Album von Rolf Zuckowski für Ablenkung. Klassiker wie die Jahresuhr oder die Weihnachtsbäckerei tönen nun aus meinen Kopfhörern, während ich dem Berliner Hauptbahnhof immer näherkomme.

Von dort aus geht es dann mit dem Zug weiter, den die allermeisten auf teils abenteuerliche Art und Weise meiden wollten. Der Grund sollte bekannt sein. Die Fahrt gestaltet sich wider Erwarten relativ problemlos, sodass ich zwar nicht wirklich entspannt aber immerhin halbwegs pünktlich in Rostock ankomme. Es ist seltsam und jeder, der nie wirklich dabei war, wird mich jetzt für absolut bescheuert halten, aber dieses Gefühl, nach solch einer langen Zeit mal wieder an einem Heimspieltag aus dem Zug zu stolpern… allein das sind schon Emotionen, die man niemandem beschreiben kann, der das alles nie selbst miterlebt hat.

Auf dem Weg zum Stadion zeigt sich schon in Ansätzen, welches Ausmaß das Ganze an diesem Tag annehmen wird. Selten waren die Bahnen in den letzten Jahren so lang vor Anpfiff schon so voll. Noch seltener musste man auf dem Weg vom Holbeinplatz zum Stadion die Straßenseite wechseln, um halbwegs zügig vorwärts zu kommen. Dass das aber noch nicht einmal ansatzweise wiederspiegelt, welche Ausmaße das alles noch annehmen soll, ahne ich in dem Moment nicht einmal ansatzweise.

Die Zeit bis zum Beginn des Spiels zieht sich dann wie Kaugummi und wenn ich Freitagabend vor dem Einschlafen dachte „Nervöser kann man gar nicht mehr sein“, werde ich jetzt gerade eines Besseren belehrt. Unterbrochen wird das Gefühl nur davon, dass plötzlich eine gewisse Unruhe auf der Südtribüne aufkommt und plötzlich erst einige und im weiteren Verlauf fast alle dort anwesenden die Tribüne verlassen. Mit dem Gedanken „Scheisse, jetzt ist draußen was eskaliert“, versuche ich einen kurzen Blick auf den Ort des Geschehens zu werfen. Was ich dort in dem Moment sehe, haut mich erstmal vollkommen von den Socken und wird für mich für immer das Bild dieses Tages bleiben. Nach dem Motto „Wenn sich alle diesen Tag, diesen Aufstieg so herbeisehnen, dass ein Stadion allein nicht mehr ausreicht“, stimmt man sich zusammen mit den Leuten im mittlerweile prall gefüllten Leichtathletikstadion auf das Spiel ein. Allein beim Gedanken an diese unfassbaren Bilder, die in diesem Moment entstanden, habe ich selbst heute direkt wieder Gänsehaut.

Doch plötzlich kommt da wieder mein Pessimismus durch… was, wenn wir das heute vergeigen und all diese euphorisierten Menschen nachher trauern, weil man diese große Chance verpasst hat? Es gibt nur eine Antwort: Wir vergeigen das nicht! Es kann nicht sein, es darf nicht sein und es wird verdammt nochmal einfach nicht sein! Punkt!

Das Spiel an sich wäre eigentlich schnell erzählt, wäre da nicht die Tragik, die sich daraus beinahe entwickelt hätte. Hansa beginnt stürmisch, sieht aber bei schnellen Gegenstößen wie auch schon gegen Unterhaching manchmal nicht gut aus. Auf den Rängen weiß man währenddessen schon bescheid, dass der Torwart der 60er schon früh die rote Karte gesehen hatte. Mitten rein in den Gedanken, dass ja sowohl bei uns, als auch in Ingolstadt erstmal Tore fallen müssten, passiert dann auch genau das. Während bei uns Lübeck nicht mal unverdient in Führung geht, verbreitet sich fast zeitgleich die Meldung von der Ingolstädter Führung wie ein Lauffeuer. Das wahrscheinliche der beiden Horrorszenarien ist in diesem Moment eingetreten und man merkt, dass nicht nur die Mannschaft, sondern auch jeder einzelne auf den Rängen das erst einmal verdauen muss.

Das Gute aus den Erfahrungen der letzten Jahre ist aber, dass man als Hansafan eine gewisse Schmerztoleranz bezüglich solcher Rückschläge entwickelt hat. Nach dem Motto „Jetzt erst Recht“ besinnen sich plötzlich alle darauf, dass es vor der großen Party noch einmal 90+x Minuten Vollgas braucht. Auf dem Platz und auf den Rängen.

Aus einem der wenigen wirklich guten Angriffe resultiert dann der Elfmeter, der zum erstmal erlösenden 1:1 führt. Ich selbst kann und will mir die Ausführung nicht anschauen. Als dann nach dieser qualvollen Stille endlich der erlösende Jubel zu hören ist, sind Freude und vor allem die Erleichterung aber umso größer. Zumindest vorerst.

In der Halbzeitpause mache ich mich dann selbst noch mehr verrückt, indem ich mir im Liveticker den Spielverlauf in Ingolstadt anschaue. Dabei muss ich feststellen, dass plötzlich auch das eher unrealistische Horrorszenario gar nicht mehr so abwegig ist. Sicher ist nur die Tatsache, dass man sich nicht mehr auf einen Sieg der Münchener Löwen verlassen kann.

In der zweiten Halbzeit erreicht die Anspannung noch einmal ein völlig neues Level. Das Hirn fängt an, grundlegende mathematische Fähigkeiten einzustellen, sodass es Ewigkeiten dauert, anhand der Anstoßzeit und einer Uhr die verbleibende Spielzeit zu ermitteln. Mit fortschreitender Spielzeit stellt sich aber irgendwie auch immer mehr der Eindruck ein, dass man von Lübecker Seite wohl nicht mehr den Plan hat, den großen Party-Crasher zu spielen. So richtige Euphorie will bei mir aber trotzdem nicht aufkommen. Auch der Gedanke, dass das Unentschieden uns mit hoher Wahrscheinlichkeit reichen würde, sorgt nicht wirklich für Beruhigung.

Dieses ganze Durcheinander aus Anspannung, purer Angst und minimaler Vorfreude sorgt dann mit Abpfiff für ein auch für mich selbst nicht nachvollziehbares Chaos an Gefühlen. Als der Schiedsrichter dann schon vor einem Einwurf tief in der Lübecker Hälfte ernsthafte Anstalten macht, das Spiel abpfeifen zu wollen und das dann auch tatsächlich tut, brachen im wahrsten Sinne alle Dämme. Gefühlt minutenlang muss erstmal alles rausgeschrien werden, was sich da in den letzten Tagen und Wochen angesammelt hat. Kurz darauf stellt sich aber so ein seltsames Gefühl der Erschöpfung ein, das es mir irgendwie unmöglich macht, mich so zu freuen, wie es wahrscheinlich normal wäre. Dadurch, dass auch dieses letzte Spiel wieder so nervenaufreibend war und man so kurz davor war, es auf dem letzten Meter aus der Hand zu geben, konnte man sich über den erlösenden Schlusspfiff nicht wirklich freuen, sondern musste erstmal die ganze Anspannung, die sich über die letzten Wochen angestaut hatte, aus den Knochen schütteln.

Was dann folgt, ist für mich bei allem, was ich bisher geschrieben habe, beinah das emotionalste an dem Tag. Ich unterhalte mich nach dem Spiel in einer ruhigen Ecke mit Weggefährten, die teilweise seit zehn Jahren an meiner Seite stehen, mit denen ich die asozialsten und bescheuertsten Fahrten hinter mich gebracht habe und die in dieser ganzen Zeit zu Freunden geworden sind, die ich nicht mehr missen möchte. Wir rufen uns in Erinnerung, wieviel Scheisse wir in den letzten Jahren mit diesem Verein durchlebt haben. Zur Erinnerung: Fast auf den Tag genau vor sechs Jahren wären wir beinahe in die Regionalliga abgestiegen. Wenn man sich das alles vor Augen führt, dann wird einem umso mehr klar, wie sehr vor allem wir Fans diesen Aufstieg einfach nur verdient haben.

Und für alle, die es bis hierher geschafft haben: Ihr seid verrückt! Ich hoffe, ich konnte euch den einen oder anderen Gänsehautmoment noch einmal nahebringen. Euch und uns wünsche ich, dass wir alle diese Ausdauer, die wir beim Schreiben und Lesen dieses Texts bewiesen haben, auch in der nächsten Saison haben werden. Es wird die beste und damit vor allem für uns die härteste 2. Liga aller Zeiten. Bis es soweit ist, haben wir aber noch ein bisschen Zeit, das alles einfach nur zu genießen und uns für diese Saison zu feiern.

Diesen Aufstieg, dieses Gefühl, diese Erinnerung an diese Saison und ihre Krönung am letzten Spieltag, wird uns keiner mehr nehmen. Denkt immer daran und zieht daraus die Kraft, die wir alle für die nächste Saison brauchen werden.

Bis es soweit ist, wünsche ich euch allen eine schöne Sommerpause, ihr Aufsteiger!

Trainingslager 2020 – Besser spät, als nie!

April 15, 2020

IMG_5217Nie wieder Belek!

Drei einfache Worte, die trotz der vielen lustigen Momente die Erkenntnisse aus dem Trainingslager im letzten Jahr zusammenfassten. Aber gesagt ist sowas ja schnell. Meist scheitert das ja dann letztendlich an der Umsetzung. Das größte Problem an der Umsetzung dieser drei Wörter stellte einmal mehr unser geliebter Verein dar. Von „Türkei ist einfach billiger“ bis „In Spanien will uns wegen der mitreis(s)enden Fans keiner“ war irgendwie alles dabei, wenn man versuchte, Gründe für die erneute Wahl des eher ungeliebten Ziels zu finden. Aber die Entscheidung hat der Verein eben getroffen und nach kurzer Überlegung entschied sich unsere Gruppe, die Reise wieder mit anzutreten. Ob das eine gute Idee war und was die Woche so zu bieten hatte, erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest.

Während Hansa selbst erst am Sonntag anreisen sollte, ging es für uns schon einen Tag vorher los. Vom Treffpunkt am Hauptbahnhof sollte es überpünktlich in Richtung Flughafen gehen. „Überpünktlich“ ist dabei eigentlich übertrieben, denn im Grunde genommen waren wir schlicht viel zu früh da. Während sich einige die Zeit mit Kartenspielen oder dem Erstellen hoch komplexer Instagram Storys vertrieben, betätigten sich andere da eher… nennen wirs mal „handwerklich“.

IMG_6177

Die Tatsache, dass das Bier irgendwie das mit Abstand günstigste Getränk am Flughafen war, trug nicht wirklich zu einem bewussten Verzehr bei. Auch die Ansage einer Mitarbeiterin der Airline hinterließ nur wenig Eindruck bei den Betroffenen. Wobei man das so auch wieder nicht sagen kann, denn immerhin wurde der Spruch „Der Pilot will das nicht!“ zur standardmäßigen Antwort auf alles, was in der nächsten Woche noch kommen sollte.

PHOTO-2020-04-15-12-56-12

In Antalya angekommen ging es mit dem VIP Bus in Richtung Hotel. Sehr zur Freude von Uschi und ihren Eltern, die wohl lange die Hoffnung hatten, einen entspannten Start in den Urlaub zu verbringen. Da hatten sie die Rechnung nur leider ohne unsere Reisegruppe und vor allem ohne unseren Reiseleiter gemacht, der dem Busfahrer erstmal klarmachte, dass die Horde nach dem Flug reichlich unterhopft war. Tatsächlich hielt der Fahrer dann auch irgendwo mitten auf der Autobahn an, um ein paar Dosen zu holen. Der Traum von „TUI gibt einen aus“ war dann aber relativ schnell ausgeträumt, als der gute Mann für 5 Dosen knappe 20 Euro haben wollte. Da bist du noch gar nicht richtig angekommen und wirst schon das erste Mal übern Tisch gezogen. Na Halleluja.

IMG_6180

Im Hotel wurde man dann statt auf die Zimmer erstmal zum Abendessen geschickt. Danach wurden dann nach etwas längerem Hin und Her die Zimmer bezogen, was insbesondere für die Leute in den Bungalows erstmal ein Erlebnis darstellen sollte. Aufgrund der Größe und der Tatsache, dass es stockfinster war und man die Anlage einfach nicht kannte, war das ganze Gelände erstmal ein riesiger Irrgarten, den es am nächsten Tag zu erkunden galt. Fürs Erste ließ man den Tag aber an der Bar bzw. in der hoteleigenen Disko ausklingen, wo einige dann noch das Tanzbein schwingen konnten und so quasi unter den Einheimischen gar nicht mehr auffielen. Das einzige, woran man in dem schlechten Licht unterscheiden konnte zwischen „Der weiß, was er macht und wozu er da gerade tanzt“ und „Dreht der da ne Glühbirne rein, oder was?“ waren im Prinzip die kurzen Hosen bzw. Jogginghosen, durch die sich die zweite Gruppe eindeutig von der Erstgenannten abhob.

PHOTO-2020-04-15-10-08-24

Am Tag darauf ließ man es zunächst ruhig angehen. Die Tatsache, dass die Mannschaft erst am Nachmittag ankommen sollte, verschaffte uns einen freien Vormittag, den wir intensiv zur Erkundung des Hotelgeländes nutzten. Was uns dabei entgegenkam war ein Bombenwetter, das wir so aus dem letzten Jahr eigentlich nur vom letzten Tag kannten. Nach einem guten Frühstück und der Beflaggung der Balkone galt es vor allem, durch den Wirrwarr an Bungalows den kürzesten Weg in Richtung Haupthaus zu finden. Da unsere Gruppe fast ausschließlich aus Berlinern bzw. dort wohnenden bestand, lag es nah, den Gebäuden Namen von Berliner Stadtteilen zu geben. Da wäre zum einen das Haupthaus, welches durch ein erstmal nicht allzu schönes hohes Gebäude auffiel und für die nächsten Tage Marzahn getauft wurde. Links vom Hotel, standen sauber aufgereiht die Bungalows. Während sich einige mit kleinen Zimmern in Lichtenberg zufriedengaben, hauten andere mit ihren fetten Buden draußen in Spandau ganz schön auf die Kacke. Begrenzt wurde das Gelände von einer weiteren Reihe Bungalows. Aber die waren so weit draußen, dass das schon tiefstes Brandenburg war. Um mal eine Vorstellung zu bekommen, wie weit das war: Wenn man morgens von dort aus zum Frühstück im Haupthaus gehen will, sollte man sich von dort aus auf jeden Fall was zu Essen für unterwegs mitnehmen.

PHOTO-2020-04-15-12-56-14

Zurück zum Hotel: Dieses hatte zur Überraschung aller Anwesenden sogar einen Zoo zu bieten. Inwiefern die Art und Weise der Haltung dort im Sinne der Tiere war, ist jedoch äußerst fraglich.
Das Highlight des Rundgangs wartete dann am Kinderpool bzw. an den Rutschen. Ein gewagtes Antesten mit dem Fuß ergab zur Freude der Mitgereisten, dass die Pools nicht nur in Betrieb, sondern auch beheizt waren. Das Programm für die Zeit zwischen Mittagessen und Ankunft der Mannschaft stand also fest. Nachdem sich dann ordentlich ausgetobt wurde, ging es am späten Nachmittag gemeinsam mit weiteren Fans, die sich ebenfalls in diesem Hotel eingebucht hatten, in Richtung des Mannschaftshotels. Dort angekommen war man sich nicht ganz sicher, ob man jetzt wirklich seine Mannschaft ins Trainingslager begleitet hat oder nicht doch aus Versehen zum Auswärtsspiel nach Magdeburg gefahren ist. Wobei man sagen muss, dass die örtliche Polis nicht durch Masse, sondern durch Klasse glänzte. Irgendwann erreichten dann auch die Busse mit der Mannschaft und den mitgereisten Sponsoren das Hotel. Dann war es das aber erstmal mit der Euphorie. Kein Zugang zum Hotelgelände für uns. Das war die Ansage vor Ort und auch der Wille des Hotels, der schon durch den Verein im Vorfeld der Reise, wenn auch nur unterschwellig, klar wurde. Es folgte ein geordneter Rückzug, um zu einem späteren Zeitpunkt einen erneuten Versuch zu starten. Aufgrund des Verhandlungsgeschicks derjenigen, die das vor Ort in die Hand nahmen und der Tatsache, dass nicht das Hotel uns, sondern vor allem wir Fans dem Hotel einen riesigen Vertrauensvorschuss entgegenbrachten, führte dann doch zur Klärung der Situation.
Man konnte sich also den Rest des ersten Trainings ansehen und überlegte schon, ob das wirklich eine gute Idee war. Thema war anscheinend Spielverlagerung, zumindest konnte man das nur hoffen, wenn man zugeschaut hat. Aber sowohl die langen Bälle auf den eigenen Mitspieler, als auch die Torabschlüsse fanden nicht mal ansatzweise ihr Ziel. Wir haben es einfach mal auf die oft zitierten „Reisestrapazen“ geschoben und sind ohne zu murren zurück ins Hotel und auf kürzestem Weg in Richtung Buffet verschwunden.

IMG_5256

Nachdem das bis dahin alles Urlaub war, sollte es dann am nächsten Morgen richtig losgehen. Früh aufstehen, sich darüber aufregen, dass die sogenannten Profis nicht ordentlich trainieren, Mittagessen, Mittagsschläfchen, Nachmittagstraining und so weiter und so weiter. Am Morgen des zweiten Tages kam aber endlich das gewohnte Wetter zum Vorschein und so wurde das Training am Morgen abgesagt. Schade, dass man im Urlaub nicht um 7:30 aufstehen kann, sondern einfach bis 12 Uhr im Bett liegen muss. So Schade. Nachmittags standen Spiele auf kleinem Feld auf dem Programm. In meiner Notiz, die ich mir zu dem Tag gemacht hab, steht hinter dem Training nur ein Wort: Katastrophe! Ich lass das einfach mal unkommentiert im Raum stehen.
Der Abend im Hotel verlief dann gemessen an der Anzahl Hansafans, die sich inzwischen dort befand recht ruhig. Da es wohl trotzdem die eine oder andere Beschwerde von anderen Gästen gab (wobei ich immer noch der Meinung bin, dass es die nicht gab, sondern sich das Management des Hotels einfach pissig angestellt hat), gab es am Abend die erste Ansage zum Thema Verhalten, insbesondere an der Bar. Wenn man von den Unfällen wie der vermutlichen Alkoholvergiftung von einem aus unserer Gruppe oder dem Gerücht, dass ein Hansafan in der Lobby unter dem dort aufgestellten Weihnachtsbaum geschlafen haben soll einmal absieht, gab es eigentlich keinerlei Beanstandungen. Dachten wir zumindest.

Am nächsten Tag herrschte schon beim Frühstück vor dem Frühtraining eine eher angespannte Stimmung. Gerüchte über einen Rausschmiss machten die Runde. Vor und während des Frühtrainings wurde dann allen klar, dass die Situation ziemlich ernst war, auch wenn die Frage „Wie groß ist eigentlich dein Bett?“ an die Leute aus dem Mannschaftshotel immer noch mit einem Augenzwinkern gestellt wurde. Das Training wurde so fast zur Nebensache, denn danach sollte das Gespräch mit dem Hotel anstehen. Aufgrund der Umstände wurde dann das gemeinsame Bild der Fans aus dem Hotel vorverlegt.

QDFY0564

Am Nachmittag stand dann das erste Testspiel auf dem Plan. Vor der Abfahrt der Taxikolonne stand noch die „Auswertung“ des Gesprächs mit dem Hotel an, aus dem vor allem ein Zettel mit einer schriftlich verfassten „allerletzten Chance“ hervorging. Grob zusammengefasst hieß es ungefähr:
– Russen und Polen sind schon schlimm, aber ihr toppt das alles nochmal
– Wenn die Polizei nochmal kommen muss, fahren die nicht ohne euch wieder zurück
– Eigentlich wollten wir euch in ein anderes Hotel abschieben, aber da wollte euch auch keiner (warum nur?)
Dazu folgte noch der Hinweis, dass ab Donnerstag der Zutritt zum Gelände des Mannschaftshotels gestrichen wird, weil sich Galatasaray dort angekündigt hatte und die komischerweise keinen Bock auf uns hatten. Auf jeden Fall haben die Leute, die dort vor Ort die Verantwortung übernommen haben, ein dickes Fell bewiesen. An dieser Stelle nochmal vielen Dank dafür. Zum Testspiel selbst weiß ich gar nicht mehr so viel, nur dass es ganz schön neblig war, geregnet hat ohne Ende und der eine Ordner geschaut hat, wie der eine Emoji bei Whatsapp

IMG_6183

Der Abend war dann, wohl aufgrund der Zitterpartie um den Verbleib im Hotel, recht ruhig, viele lagen relativ zeitig im Nest und die Disko war ohne uns irgendwie auch fast menschenleer.

Wenn man dachte, dass es nach den bisherigen Auftritten der Polizei und dem Beinahe-Rausschmiss am Tag zuvor nicht mehr schlimmer kommen konnte, so wurde man am Tag darauf eines Besseren belehrt… und zwar mit Anlauf.
Mit guter Laune und kurzen Hosen (nach zwei Tagen Dauerregen schien endlich wieder die Sonne und es war auch gleich gut warm) machten wir uns auf den Weg in Richtung des letztjährigen Mannschaftshotels, wo das Testspiel gegen Bern auf dem Programm stand. Was dort abging, übertraf dann irgendwie alles, was vorher im Hotel die Runde gemacht hat. Es gab quasi eine Dreifachkontrolle, bei der erst die Taschen kontrolliert und sämtliche Getränke abgenommen wurden (auch verschlossene Wasserflaschen). Danach folgte eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. Und das ist nicht übertrieben. Ich denke, Bilder sagen an dieser Stelle mehr als Worte:

LBRU9183

„Bilder sagen mehr als Worte“ dachte sich wohl auch die Polizei und der Sicherheitsdienst und zogen eifrig Leute raus, die es sich erlaubten, die Zustände am Einlass zu fotografieren. Mit Hilfe des Dolmetschers und entschlossener Reaktionen konnte man dann erreichen, dass dieser Sachverhalt mit dem Löschen der Bilder erledigt war. Nur nochmal nebenbei: Wir reden hier von einem Testspiel im Trainingslager. Mit Sponsoren vielleicht 250 Leute von Hansa, keinerlei Fans von Bern.
Reichlich angefressen wurde der Bereich vor der kleinen Tribüne beflaggt und so langsam erklärte sich auch, warum man keine Getränke mit reinnehmen durfte. Sowohl das Bier, als auch die 0,5 Liter Wasser wurden dort für 5 Euro verkauft. Egal wie übertrieben und willkürlich auch das Verhalten des Sicherheitsdienstes war: Man spielte mit. Einfach um sich und den Verein nicht wieder in Schwierigkeiten zu bringen, sich schlicht nicht provozieren zu lassen. Man war wirklich gewillt, sich dem Verein zuliebe an die dort scheinbar geltenden Spielregeln zu halten. Aber wenn diese Spielregeln dann in willkürlichen Machtgehabe umschwenkt, dann ist irgendwann auch Feierabend! Die unsäglichen Einlasskontrollen waren das Eine. Okay. Das plötzliche Verbot Fahnen aufzuhängen. Okay. Das Verbot im Gang zu stehen. Okay. Das Verbot überhaupt irgendwo zu stehen. Okay. Aber wenn dann irgendwann scheinbar die bloße Anwesenheit verboten ist, dann ist einfach Schluss. Mit der Aufforderung „AUFSTEHN! AUFSTEHN!“ zeigte man den Pappnasen vor Ort noch in der ersten Halbzeit ziemlich eindrucksvoll, was man von ihnen und ihrem bescheuerten Gehabe hielt.
Das Ganze wiederholte sich dann in der zweiten Halbzeit. Mit den Worten „So! Wir haben jetzt 85 Minuten lang gemacht, was die wollen. Das machen wir jetzt nicht mehr! Wir zeigen denen jetzt nochmal die letzten Minuten, wer wir sind!“ wurden nicht nur die Fans, sondern auch die anwesenden Sponsoren aufgeweckt.
Nachdem dann kurz ernsthafter Support stattfand, wurde die Mannschaft mit Klassikern wie „Und ihr wollt Schweizer Meister sein?“ und „Die Nummer 1 der Schweiz sind wir!“ wieder in ihr Hotel verabschiedet.

Am nächsten Tag, der für unsere Gruppe auch der letzte sein sollte, stand das gemeinsame Foto mit der Mannschaft an. Zum generellen Eindruck, den die Mannschaft gegenüber den Fans vor Ort gemacht hat, wurde glaube ich genug gesagt und sich genug aufgeregt, von daher spare ich mir mal weitere Ausführungen dazu.
Als im Vorfeld der Termin für das Bild feststand (Ja, bei Hansa braucht man dafür nämlich einen Termin), machten erste Angebote die Runde. Ich sag an der Stelle nur „Zehn Euro für den, der das Zebra fürs Mannschaftsbild aus dem Zoo mitbringt!“. So viel sei verraten: Die Zehn Euro haben leider nicht den Besitzer gewechselt.

PHOTO-2020-01-26-19-07-24

Im Anschluss an das große Foto nutzten dann auch einige Gruppen die Gelegenheit mit ihren Banden bzw. mit einzelnen Spielern Fotos zu machen. So auch wir. Ich weiß, dass ich hier eh schon wieder viel zu viel geschrieben habe, aber an dieser Stelle muss ich noch kurz was loswerden. Ich bin noch nicht lange in Berlin und will auch gar nicht behaupten, dass ich die Leute dort kenne und so weiter. Viele habe ich erst ein bisschen besser kennengelernt, als wir im letzten Jahr zusammen im Trainingslager waren. Was mich aber bei den Fahrten und erst Recht beim Trainingslager echt beeindruckt hat, war die Tatsache, dass unser Olli für jeden Spaß zu haben war. Beim Quiz und beim Bingo hat er Dynamo quasi im Alleingang nackig gemacht. Er war trotz des Altersunterschieds bei jedem Quatsch dabei, auch wenn man ihn manchmal ein bisschen schubsen musste. Und auch, wenn wir ihn allzu gerne aufgezogen haben mit seinen kleinen Geschichten, für die er gesorgt hat. Wie er seine komplette Parfümsammlung und 20 Feuerzeuge am Flughafen in Schönefeld abgeben musste, weil er sie im Handgepäck hatte und dabei meinte „Als ich vor 20 Jahren das letzte Mal geflogen bin, war das noch erlaubt!“. Oder wie er in der Nacht vor der falschen Tür stand und sich wunderte, warum dieses verflixte Ding nicht aufgehen wollte. Auf all das mussten wir in diesem Jahr verzichten, weil Olli gesundheitlich nicht in der Lage war.
Um ihn trotzdem irgendwie bei uns zu haben, wurde auf den letzten Drücker eine Bande organisiert, sodass Olli zumindest optisch immer dabei sein konnte. Mit dieser Bande und seinem Lieblingsspieler Paul Wiese entstand dann noch ein kleines Bild, welches wir ihm per WhatsApp zukommen ließen. Wir alle können nur erahnen, wie sehr er sich in dem Moment gefreut haben muss.

PHOTO-2020-04-15-10-55-55

Der letzte Nachmittag wurde dann noch halbwegs entspannt bei wieder einmal feinstem Wetter in der Sonne verbracht, bevor später dann ein Testspiel auf unserem Hotelgelände stattfinden sollte, zu dem wir uns einfach mal selbst eingeladen hatten. Die Mannschaft, mit der wir uns, großzügig wie wir sind, das Hotel geteilt haben, spielte gegen eine andere türkische Mannschaft, deren Namen bis heute noch nie ein Mensch schreiben, geschweige denn fehlerfrei aussprechen konnte. Wie das Spiel ausging und wer da wann was gemacht hat, weiß ich gar nicht mehr genau. Das einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass Hansa und seine Fans sich nun auch beim Vorletzten der ersten türkischen Liga einen Namen gemacht haben.
Mit einem letzten gemeinsamen Bild und dem einen oder anderen Getränk ließ man den Abend dann in Ruhe ausklingen, ehe es ans Packen und am nächsten Morgen in Richtung Heimat ging.

XWUK6643

An der Stelle wird es wohl Zeit für ein Fazit, das leider (oder wie andere sagen würden: erwartungsgemäß) eher nüchtern ausfällt. Klar, hatten wir viele spaßige Momente und haben wieder viel gelacht, aber die Zustände vor Ort werden Jahr für Jahr schlimmer. Man war sich mit anderen Fans vor Ort einig, dass ein weiteres Mal Türkei ausfällt. Unterstützung hin oder her, aber auf türkischen Knast hat dann doch keiner so wirklich Bock.

Aber wenn ihr hier tatsächlich knapp 3.000 Wörter gelesen habt, dann sollt ihr natürlich nicht mit diesem Mimimi verabschiedet werden. Deshalb möchte ich hier das sehr schöne Fazit eines Mitreisenden zum Abschluss des Berichts verwenden:

„Was hab ich hier ne Woche lang gemacht? Pommes und Burger gefressen, mehr Alkohol als Wasser getrunken und in der ganzen Woche vielleicht acht Stunden geschlafen. Soll mir nochmal einer was von Urlaub erzählen! N Boot Camp ist das hier!“

PHOTO-2020-04-15-12-35-54

In diesem Sinne:

Hansa bleibt groß!
Und ihr bitte gesund!

Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache:

Viele von euch verfolgen in den sozialen Medien die Geschichten rund um Hansa und seine Fans und wissen wahrscheinlich schon, dass Olli inzwischen nicht mehr unter uns ist.
An dieser Stelle habe ich eine kleine Bitte: Die Beerdigung und alles, was damit verbunden ist, stellt eine enorme Belastung für die Familie von Olli dar. Durch Versteigerungen und Spenden ist schon ein ordentlicher Betrag zur Unterstützung der Familie zusammengekommen, der aber noch lange nicht reicht, um die Kosten zu decken. Solltet ihr also trotz der aktuellen Umstände den einen oder anderen Euro übrighaben oder vielleicht etwas, das wir mit Hilfe von großen bzw. bekannten Seiten in den sozialen Netzwerken versteigern können, dann würdet ihr der Familie von Olli einen großen Gefallen tun.

Falls also jemand was übrighat, schreibt mich einfach hier oder auf den bekannten Wegen an. Ich gebe euch dann die Daten.

Die Hoffnung auf Gesetzesbrecher – Ein etwas anderer Hinrundenrückblick

Dezember 18, 2019

„Ich würde gern behaupten könn‘, dass ich kam, sah und siegte, doch ich kam, sah und schaute ohne Hoffnung wieder weg“

Diese Zeile aus dem Lied einer Rostocker Gruppe fasst ziemlich gut die Gefühlslage während und nach dem letzten Heimspiel gegen Chemnitz zusammen. In diesem Spiel war mal wieder alles zu sehen, was den großen F.C. Hansa seit Jahren ausmacht.
Ich bin ja schon länger der Meinung, dass es irgendwo ein geheimes Gesetzbuch des F.C. Hansa geben muss, in dem diverse Sachen geregelt sind, die uns seit Jahren verfolgen. Nachdem das Spiel am Samstag dem Ganzen mal wieder die Krone aufgesetzt hat, hab ich mich mal auf die Suche gemacht und keine Kosten und Mühen gescheut, dieses Gesetzbuch ausfindig zu machen. Es erklärt vieles, was Jahr für Jahr in unserem Verein passiert. Denn wenn wir ehrlich sind, kann es weder an Spielern noch an Trainern liegen, wenn diese Jahr für Jahr ausgetauscht werden.

Exklusiv für euch hab ich hier den Wortlaut des Gesetzes aus dem Abschnitt „Hinrunde“ zusammengetragen und mit kleinen Kommentaren zur besseren Verständlichkeit versehen.

§ 1
In die Hinrunde ist eine Erfolgsserie einzubauen, die den Anhängern das Gefühl der Hoffnung auf die erfolgreiche Gestaltung der Saison vermittelt. Hierbei ist darauf zu achten, die Zuschauerzahlen durch
a) guten Fußball
oder
b) leidenschaftliches Auftreten
konstant nach oben zu treiben.  

Nachdem es bereits früh in der Saison nach dem Heimspiel gegen die SG Sonnenhof Großaspach den ersten etwas größeren Knall gab, ging es danach stetig bergauf. Die Aussprache zwischen Fans und Spielern nach dem Spiel schien ein positive Wirkung auf alle Beteiligten gehabt zu haben. Bereits am Freitag darauf in Ingolstadt wäre ein Sieg nicht unverdient gewesen. In den Wochen darauf folgte eine für Hansa fast schon untypische Serie von Spielen in denen man nicht nur ungeschlagen blieb, sondern auch noch einige Spiele gewinnen konnte. Neben den Auswärtssiegen in Braunschweig und Magdeburg schien man auch endlich mal eine Art Heimstärke entwickelt zu haben. Zum Heimspiel gegen die Münchener Löwen verirrten sich plötzlich um die 18.000 Zuschauer ins Stadion, was für Gegner und Jahreszeit schon eher untypisch war.

§ 2
Sollte man auf einen Gegner treffen, der bisher lange Zeit
(1) generell
(2) bei Auswärtsspielen
(3) bei Heimspielen
sieglos war, so ist zwingend darauf zu achten, diesem ein Erfolgserlebnis zu verschaffen und die Negativserie dieses Gegners zu durchbrechen.

Doch es kam, wie es kommen musste und zwar beim Spiel in Jena. Wie schon zu Beginn des Jahres fühlte man sich dazu berufen, Aufbauhilfe für die Thüringer zu leisten. Das Thema „Aufbauhilfe Ost“ scheint allgemein eine nicht ganz unbedeutende Rolle in dem ganzen System bei Hansa zu spielen. Erst am Wochenende verhalf man dem Chemnitzer FC zum ersten Auswärtssieg der Saison und sorgte damit dafür, dass das rettende Ufer für die Sachsen wieder in Sichtweite ist.

§ 3
Im Zeitpunkt des Eintretens des in § 1 genannten Zustands hat eine weitere erfolgreiche Gestaltung der Hinrunde zu unterbleiben. Zudem hat eine Senkung der Zuschauerzahlen zu erfolgen. Dies soll insbesondere durch die Unterlassung der unter § 1 Satz 2 Buchst. a) und b) genannten Voraussetzungen erreicht werden.

Der Auslöser für den Zustand, den wir jetzt pünktlich zur Winterpause mal wieder haben, war aber nicht wirklich das Spiel gegen Jena. Der Knackpunkt war letztendlich das Spiel gegen Duisburg. Man kann jetzt das Spielchen mit „hätte“ und „wenn“ spielen. Und auch wenn ich kein großer Fan davon bin, versucht euch einfach mal folgendes vorzustellen: Der große F.C. Hansa hat gerade einen Lauf. Selbst zum Spiel gegen 1860 München kommen ca. 18.000 Zuschauer ins Ostseestadion. Am Wochenende darauf gewinnen wir gegen Jena und sind damit ganz groß dabei im Rennen um die vorderen Plätze. Am nächsten Spieltag steht dann das absolute Spitzenspiel gegen Duisburg auf dem Plan. Es wäre sowohl sportlich, als auch in Sachen Zuschauerzahlen einfach nur ein Traum gewesen. Stattdessen spielte man mit saft- und kraftlosen Auftritten wie gegen in Kaiserslautern und Uerdingen und nicht zuletzt daheim gegen Chemnitz die Bude wieder konsequent leer.

§ 4
In den Spielen des letzten Kalendermonats ist eine Erzielung von Punkten nicht erforderlich. In den dort stattfindenden Spielen sind insbesondere die in § 3 Satz 2 genannten Verhaltensweisen zu beachten.

Daran, dass in den letzten Spielen vor der Winterpause nicht viel zu holen ist, hat man sich ja mittlerweile gewöhnt. Was nur immer wieder aggressiv macht, ist die Art und Weise. Was in den letzten Wochen besonders ärgerlich ist ist die Tatsache, dass man bis zum ersten Gegentreffer sogar einen ganz ordentlichen Ball spielt und sogar Ansätze von Spielzügen zu erkennen sind, ist das alles danach plötzlich wie von der Festplatte gelöscht. Während man bis zu dem Zeitpunkt mit Pässen in die Tiefe und Tempo über Außen den Weg vors gegnerische Tor sucht, werden dann plötzlich nur noch hohe Bälle nach vorn geschlagen. Dort steht dann meist ein Pascal Breier, der mit hohen Bällen noch nie wirklich umzugehen wusste. Von dem hochklassigen Einkauf des Herrn Pieckenhagen auf dieser Position mal ganz zu schweigen. Auch sowas wie ein letztes Aufbäumen in den Minuten vor Abpfiff kenne ich von uns irgendwie nicht. Wenn man selbst in Führung liegend immer kurz vor dem Herzkasper steht, weil es der Gegner schafft, permanent gefährliche Situationen zu kreieren (weil sie auch verdammt nochmal echte Stürmer im Kader haben), fangen wir genau in den Momenten plötzlich wieder mit „geordnetem Spielaufbau“ an.
Es kann doch nicht zu viel verlangt sein, in Rückstand liegend in den letzten Minuten die Bälle nach vorn zu kloppen und dabei vielleicht mal einem der größer gewachsenen Spieler, der in dem Moment idealerweise in unmittelbarer Nähe zum gegnerischen Tor postiert ist, den Ball zumindest halbwegs in Richtung seines Schädels zu servieren. Wenn man ab Beginn der 2. Halbzeit das Thema „Spielaufbau“ komplett außer Acht lässt, muss man doch nicht in der 85. Minute plötzlich wieder damit anfangen wollen.

§ 5
In der Phase gem. § 3 hat eine negative Äußerung bezüglich des Spiels und des Auftretens der Mannschaft zu unterbleiben. In Interviews sind insbesondere die Wörter „unglücklich“ und „unverdient“ zu nennen. Sollte es zu einer Aussprache mit den Anhängern gekommen sein, so ist zwingend zu erwähnen, dass diese einen negativen Einfluss auf die Moral der Spieler zur Folge gehabt haben könnte. In diesem Fall kann die negative Gestaltung des darauffolgenden Spiels auch mit dem Verhalten der Anhänger begründet werden.

Wer bis jetzt schon gedacht hat, dass ich ganz schön angepisst bin, sollte den Kommentar zu § 5 am besten überlesen. Was wieder bezeichnend für diese Phase im Saisonverlauf ist, ist die Tatsache, dass man sich mal wieder bei der Presse zu Wort melden muss, um sich über irgendwelche Sachen auszukotzen und dabei die eigentlich überfällige Selbstkritik wieder mal völlig vergisst. Klar sind Überschriften wie „Hansa Profis sind sauer auf eigene Fans“ erstmal bewusst reißerisch formuliert, doch auch der Inhalt dieses Artikels und insbesondere die Aussagen unseres Herrn Kapitän war nicht sonderlich besser. Wenn ich dann sowas lesen muss wie „Ich kann keinem Spieler das Engagement absprechen. Deshalb werde ich mich diesbezüglich auch ganz klar vor die Mannschaft stellen. Bis zur Pause hatten wir das Spiel im Griff, waren gut in den Zweikämpfen und haben sehr viel Herz auf den Platz gelegt.“, werd ich echt sauer. Aber um die Sachlichkeit zu wahren, hätte ich dazu mal eine kurze Nachfrage, Herr Riedel: Kann es zufällig sein, dass das Spiel nach der Pause wieder angepfiffen wurde? Und wenn ja, wie ging das Spiel denn von da an aus Ihrer Sicht weiter?

§ 6
Sollte § 5 Satz 2 nicht zutreffend sein und eine Begründung gem. § 5 Satz 3 nicht in Frage kommen, so ist grundsätzlich der Trainer in Frage zu stellen. Eine Verantwortung des Sportvorstands oder gar der Mannschaft ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Angesichts der aktuellen sportlichen Entwicklungen werden hinter vorgehaltener Hand schon Tipps abgegeben, welcher Trainer uns denn Anfang Januar ins Trainingslager begleiten wird. Dass Aussagen aus Führungsgremien des Vereins, die sinngemäß „Der Trainer steht nicht zur Debatte“ verlauten lassen nichts bedeuten, dürfte spätestens der Fall Christian Brand gezeigt haben. Viel entscheidender an dem Ganzen ist aber eine ganz andere Personalie. Klar ist es nicht so, dass wir uns aktuell vor Bewerbern retten könnten, aber die ernsthafte Frage, was genau Herrn Pieckenhagen dazu berechtigt, diesen Job auszuüben, den er jetzt bei uns innehat, konnte mir bis heute keiner so wirklich beantworten. Vielleicht auch weil ich die Tatsache, dass er sich über Jahre immer wieder medienwirksam mit schlauen Sprüchen selbst ins Gespräch gebracht hat, nicht als Berechtigung gelten lasse.
Mit Jens Härtel haben wir einen Trainer, der Erfahrung mitbringt und in den meisten Fällen ein gutes Händchen für Wechsel während des Spiels hat. Aber auch ein Jens Härtel braucht nun einmal Material, mit dem er etwas anfangen kann. Inwiefern uns da beispielsweise ein Spieler, den Duisburg VERHOEKern wollte, weitergeholfen hat, kann jeder für sich selbst beantworten. Im Falle von Herrn Pieckenhagen ersetzen Sie bitte das „kann“ durch „muss“.
Fakt ist jedoch auch, dass nicht alle Entscheidungen nachvollziehbar sind. Mir wurde gesagt, ich soll nicht immer auf Spielern rumtrampeln, aber insbesondere in der Abwehr stellt sich für mich schon die Frage, warum ein funktionierendes System mit Sonnenberg und Reinthaler auseinandergerissen wird, nur um den etatmäßigen Kapitän wieder ins Spiel zu bringen.

Fest steht, dass sich mal wieder alles wiederholt, was man im Prinzip seit Jahren von unserem geliebten Verein gewohnt ist. Wenn ich dann sehe, wie lang Viktoria Köln keinen Sieg mehr eingefahren hat und wieviele Leute dort aktuell ausfallen oder kurz: Wie aussichtslos deren Lage für unser Spiel am Freitag ist, dann hab ich jetzt schon richtig Bock auf das Spiel.

Es liegt also in der Hand der Spieler zu zeigen, ob sie sich brav an die Gesetze halten oder die Woche halbwegs versöhnlich zu Ende bringen und dafür zur Not auch einfach mal Arschloch sein können.

Denn wie heißt es in dem oben erwähnten Lied so schön:

„Nichts macht eine beschissene Woche wieder wett, wie ein Sieg von Hansa und ein gebrochenes Gesetz“

In diesem Sinne:

Alle nach Köln!